Klagen der Hebammen

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Die Betreuung durch Hebammen ist in Wien so schlecht wie in keinem anderen Bundesland.

Wien. „Die Frauen in Wien sind unterversorgt“, sagt Marianna Mayer, Leiterin der Wiener Landesorganisation der Österreichischen Hebammen. In keinem Bundesland sei das Betreuungsverhältnis so schlecht wie in Wien, wo 2015 eine Hebamme (theoretisch) 1172 Frauen betreuen musste, während es im Schnitt der anderen Bundesländer im Schnitt nur 317 waren. Mayer: „Wir brauchen in Wien mehr Kassenverträge für Hebammen.“

Statistiken zeigen das Problem, das die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) nicht bestreitet: Für die Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt gibt es 17 Hebammen mit Kassenvertrag. In den Bezirken eins bis neun, in Hietzing und in Liesing keine einzige. Als Ausweg bleibt der Weg zu einer Wahlhebamme – die selbst bezahlt werden muss (es gibt nur eine teilweise Refundierung).

Können sich Frauen keine Hebamme leisten, werde das teuer für das Gesundheitssystem, sagt Mayer-Stellvertreterin Johanna Sengschmid: „Die Frauen werden immer früher nach der Geburt aus dem Krankenhaus entlassen.“ Das sei zwar positiv, weil Geburt keine Krankheit sei. Ohne Nachbetreuung würden aber Präventionsmaßnahmen verhindert, womit die Wiederaufnahmen steigen würden: „Es geht um die Beobachtung von Wundheilung, Stimmungsschwankungen der Frauen, um Gewaltprävention und Vermeidung von Kindesvernachlässigung.“

Schützenhilfe kommt von Peter Husslein, Vorstand der Uniklinik für Frauenheilkunde, der von Zwei-Klassen-Medizin spricht: Wegen der Bettenreduktion würden Frauen immer früher entlassen, was das Problem einer mangelnden Versorgung zu Hause steigere. Vor allem sozial Schwache könnten sich keine Wahlhebamme leisten.

Keine gemeinsame Linie

„Wir sehen das Problem“, sagt WGKK-Verhandlerin Andrea Fleischmann der „Presse“. Die 18 Planstellen für Wien seien aber in einem Gesamtvertrag für Österreich von 2005 festgeschrieben. Seitdem hätte sich viel geändert, weshalb seit 2009 über eine Adaptierung verhandelt wird. „Für eine Lösung braucht man aber eine gemeinsame Linie der Länder. Und hier sind die Interessen in jedem Bundesland sehr unterschiedlich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2016)

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