Eine Grüne, die nun "auch mit FPÖ reden" will

WIEDERHOLUNG DER BEZIRKSVERTRETUNGSWAHL WIEN-LEOPOLDSTADT: LICHTENEGGER
WIEDERHOLUNG DER BEZIRKSVERTRETUNGSWAHL WIEN-LEOPOLDSTADT: LICHTENEGGER(c) APA/HERBERT P. OCZERET
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Uschi Lichtenegger, die überraschend die rote Bastion Leopoldstadt erobert hat, sucht nun Allianzen mit allen Parteien und wird auf Landesebene künftig eine größere Rolle spielen.

Die Presse: Sie haben die SPÖ mit ihren eigenen Waffen geschlagen – mit einem inszenierten Duell gegen die FPÖ. War das die Revanche für die Wien-Wahl?

Uschi Lichtenegger: Die Geschichte lag auf der Hand. Bei der Bezirkswahl 2015 waren wir nur 21 Stimmen vor der FPÖ – wir wollten vorn bleiben.

Sie haben auch das Duell der Stichwahl genutzt – mit einem blau gekleideten Mann, der mit Norbert Hofers Aussage durch die Straßen ging: „Sie werden sich wundern, was alles geht.“

Wir haben damit erfolgreich Aufmerksamkeit erregt. Man kann die Wiederholung des Bundespräsidentenwahlkampfs aber nicht mit der Bezirkswahl vergleichen.

Ihr Wahlsieg ist Rückenwind für die Grünen vor der Präsidentenstichwahl im Dezember?

Sie meinen, für Alexander Van der Bellen.

Pardon, für den grünen Ex-Parteichef und nun unabhängigen, von den Grünen unterstützten Kandidaten Van der Bellen?

Der Sieg gegen die FPÖ im Bezirk war für uns wichtig – als Signal.

Die Grünen siegten überlegen, obwohl sie gegenüber 2015 mehr als 1000 Stimmen verloren. Schmerzt Sie die Wahlbeteiligung von nur noch 36 Prozent?

Sie wäre höher gewesen, wenn viele ihre defekten Wahlkarten noch wechseln hätten können. Nur: Die Studenten sind noch nicht in Wien, mit der WU sind wir ein Universitätsbezirk. Und seit der Wahl sind viele EU-Bürger weggezogen.

Hätten die Grünen mit höherer Wahlbeteiligung noch höher gewonnen?

Studierende und EU-Bürger wählen traditionell eher Grün.

Der Studentenzuzug wegen der Wirtschaftsuniversität hat den Bezirk politisch grün umgefärbt?

Junge Leute können mit unseren Themen etwas anfangen.

Die Neos überlegen eine Anfechtung der Wahlwiederholung.

Wir haben jetzt ein Jahr lang gewählt, ich sehe das entspannt.

Sie haben angekündigt, mit allen zu reden. Auch mit der FPÖ?

Ich bin Bezirksvorsteherin. Ich werde auch mit der FPÖ reden müssen – wir brauchen Mehrheiten, um unsere Projekte umzusetzen.

Im Bezirk geht es mit der FPÖ besser als auf Landes- und Bundesebne?

Bezirksthemen sind nicht mit der Bundesebene vergleichbar. Ich möchte auch eine Gesprächsebene mit der FPÖ haben. Wir alle sind Leopoldstadt.

Die Grünen wollen die Zahl der Fahrspuren in der Praterstraße, die eine Durchzugsstraße ist, halbieren. Und die Taborstraße, ebenfalls eine Durchzugsstraße, zu einer Fußgängerzone machen: Kommt die Mariahilfer Straße für den zweiten Bezirk?

Der Zweite ist ein Bezirk, in dem zu Innenstadt und Ring durchgefahren wird. Die Verkehrsbelastung für die Bewohner ist groß. Deshalb möchte ich sinnvolle Initiativen setzen.

Mit der Sperre von zwei zentralen Straßen würde der Ausweichverkehr direkt in die Wohnviertel geleitet werden.

Das ist noch kein Thema. Wir können auch nicht alles gleichzeitig machen. In der Praterstraße ist allerdings Luft nach oben. Da sind die Geschäftsleute zu uns gekommen, damit dort etwas passiert.

Als erst dritte Grün-Bezirksvorsteherin haben Sie parteiintern massiv an Gewicht gewonnen. Werden Sie sich nun stärker auf Landesebene einschalten?

Das werde ich tun. Es gibt Dinge, die eben nicht auf Bezirksebene entschieden werden. Daher braucht man einen guten Kontakt zum Rathaus. Aber ich bin schon vorher gehört worden. Zum Beispiel haben uns Maria Vassilakou und Eva Glawischnig von Anfang an unterstützt.

ZUR PERSON

Uschi Lichtenegger (55) ist nach dem überraschenden Sieg der Grünen bei der Wahlwiederholung in der Leopoldstadt neue Bezirksvorsteherin in dem ehemals roten Kernbezirk. Die bisherige Bezirksvorsteher-Stellvertreterin ist seit dem Jahr 2000 bei den Grünen und war im Sozialbereich tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)

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