Christian Konrad: „Froh bin ich nicht“

Flüchtlingskoordinator Christian Konrad
Flüchtlingskoordinator Christian Konrad APA (HERBERT NEUBAUER)
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Nach einem Jahr als Flüchtlingskoordinator der Regierung zieht Christian Konrad eine positive Bilanz – und deutet an, dass er gern weitergemacht hätte.

Wien. Fast war es ruhig um Christian Konrad geworden. Seit er als Flüchtlingskoordinator der Regierung angetreten ist, hat er sich mit öffentlichen Wortmeldungen dazu auffällig zurückgehalten. „Je mehr Berichte, desto größer wurden Widerstände in der Sache.“ Und: „Ich bin auf Resultate aus, nicht auf Sprüche“, sagt Konrad nun, da sein Auftrag als Flüchtlingskoordinator ausläuft, im Wiener Management Club, in dem er am Dienstagabend schließlich Bilanz gezogen hat. Heute sind statt in nur einem Drittel in zwei Drittel der Gemeinden Asylwerber untergebracht, vor einem Jahr standen Flüchtlinge auf der Straße, heute gibt es tausende freie Plätze als Puffer. Ist Konrad mit seiner Arbeit zufrieden?, fragt die Moderatorin der Abends, ORF-Journalistin Ulla Kramar-Schmid.

„Dieses Land hat unglaubliche Möglichkeiten. Das ist das, was mich freut und stolz macht. Und das ist das, was bei mit von diesem Jahr vor allem hängen bleibt“, sagt Konrad. Die Quartiere sind vor allem durch die unbürokratische Vermittlung von Netzwerker Konrad entstanden, das Durchgriffsrecht wurde in rund 15 Fällen angewendet, „aber schlussendlich gab es immer ein Einvernehmen“, das Durchgriffsrecht habe manche Behördenwege vereinfacht – oder als Druckmittel gedient. Laut werden müssen, so Konrad, habe er nur ein Mal – und das habe ihm dann leid getan. Überhaupt habe er gelernt, geduldiger zu sein.
Am Ende habe sich immer wieder gezeigt, dass überall, wo es in Gemeinden täglichen Kontakt und praktische Erfahrungen mit Flüchtlingen gebe, „die diffusen Ängste in den Hintergrund treten“, sagt Konrad. „Wer will, der kann. Aber dieser Wille ist nicht überall gleich stark ausgeprägt“, sagt der frühere Raiffeisen-General, dem nun auch NGOs Rosen streuen.

In der Regierung, die ihn beauftragt hatte, hat sich Konrad nicht nur Freude gemacht. „Ich bin Koordinator, nicht Kommentator“, sagt Konrad. Nachsatz: „Dafür habe ich ja den Ferry Maier“. Der sitzt neben ihm, und spricht davon, dass die Zusammenarbeit mit manchem (nun Ex-)Minister „extrem schwierig“ gewesen sei, oder sieht „unglaublich viel Potenzial zum Vertiefen“ im Integrationsplan der Regierung. Konrad hält sich da zurück – spricht aber die offenen Baustellen an: Dass unbegleitete Minderjährige „besonderer Aufmerksamkeit“ bedürfen, dass es „ganz schlecht“ sei, dass nicht-schulpflichtige Jugendliche Schulen nicht besuchen dürfen, dass man über Arbeit während der Asylverfahren reden müsse, etwa.

„Helfe lieber im Stillen“

In anderen Punkten sieht er Bewegung. „Bei der Mindestsicherung ist die Regierung ja am Weg zu einer einheitlichen Lösung.“ Und er deutet an, dass er gern weitergemacht hätte. „Froh bin ich nicht“, sagt Konrad, „aber das war so vereinbart und ich höre ohne Groll auf. Weiterarbeiten will er ohnehin. „Es gibt viele Menschen, die sich an mich um Hilfe wenden, und da werde ich weiter helfen, aber im Stillen. Das liegt mir mehr.“ (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

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