Die Straße mit dem Charme des Uneinheitlichen

Lerchenfelder Straße
Lerchenfelder Straße(c) Die Presse/Clemens Fabry
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Altes Handwerk trifft Hipster-Chic: Die Lerchenfelder Straße hat alles andere als ein einheitliches Profil.

Ein Motto wird schwierig. Wie sollte man sie auch in einem Satz erklären, die Lerchenfelder Straße? Da sind bodenständige Geschäfte, die Schlosserei und Eisenwarenhandlung oder die Änderungsschneiderei. Und auf der anderen Seite Läden, die gern mit dem Wort Hipster kategorisiert werden – so wie das „Passt gut“ zum Beispiel, ein Concept-Store, in dem Kaffee ausgeschenkt und Mode verkauft wird. „Diese Uneinheitlichkeit, diese Kontraste schaffen eine tolle Atmosphäre“, sagt Gernot Ebner, der das Geschäft mit einer Partnerin im Juni 2014 eröffnet hat.

„Wir haben lang im siebten Bezirk gesucht“, erzählt er. Doch rund um die Mariahilfer Straße waren die Mieten kaum leistbar. Schließlich fand sich das Lokal auf der Lerchenfelder Straße. „Das hat von der Größe genau gepasst – und die Miete war auch nicht so hoch.“ Schon damals hatte er das Gefühl, dass hier etwas im Entstehen ist. Dass die Straße auch so etwas wie eine Szene bekommen könnte. Beleben, dieses Wort würden Standortexperten wohl dabei in den Mund nehmen. Denn so wirkliches High Life herrschte auf der Straße, die die Grenze zwischen Neubau und der Josefstadt bildet, eher noch nicht.

Leere Geschäftslokale

Das spiegelt sich auch in den Leerständen wider. Je näher beim Gürtel, desto dünner wird die Geschäftslandschaft. „Es gibt an die 2000 Anfragen pro Jahr“, sagt Wolfgang Primisser, „aber viele Lokale sind nicht zu vergeben, weil die Besitzer dort Garagen bauen wollen.“ Immerhin, meint der Obmann der IG-Kaufleute Lerchenfelder Straße, habe man das jetzt gestoppt – weil die Bezirke keine Genehmigungen mehr dafür geben.

Doch von einer durchgehenden Einkaufsmeile von der Zweierlinie bis zum Gürtel ist man nach wie vor weit entfernt. Dazu kommt, dass sie als Durchzugsstraße mit Straßenbahnschienen und Autoverkehr in beide Richtungen nicht unbedingt zum gemütlichen Bummel einlädt. Und doch haben die Kaufleute in den vergangenen Jahren mehrere Initiativen gesetzt, um die Straße attraktiver zu machen. Eine simple Maßnahme der IG waren etwa eigens kreierte weiße Sitzbänke, die individuell dekoriert und vor den Geschäften aufgestellt werden können. „Das war unsere erste Kulturzonenaktivität“, sagt Primisser: „Um die Menschen länger auf der Straße zu halten.“

Und auch mit dem Biomarkt, der jeden Freitag vor der Schottenfelder Kirche abgehalten wird, habe man potenzielle Kunden angelockt. Wobei die Straße trotz allem nicht die große Strahlkraft hat, um Menschen aus ganz Wien herzulocken. Der Großteil der Kunden kommt aus der Nachbarschaft, aus Neubau und der Josefstadt. Nicht zuletzt deshalb hat die Lerchenfelder Straße auch den Charakter des Nahversorgers.

Um die Anrainer besser zu erreichen, hat man sich auch mit den Kaufleuten der Josefstädter und der Alser Straße zu einem Verbund zusammengeschlossen – „Cross 8“ heißt die Initiative, mit der gemeinsame Werbeaktionen und Veranstaltungen koordiniert werden. Auch mit Unterstützung des achten Bezirks, der etwa das Porto für diverse Aussendungen übernimmt.

Gastronomie als Zugpferd

Zuletzt hat die Einkaufsstraße aber auch noch weitere Zugpferde bekommen – durch die Gastronomie nämlich. Von der Bäckerei Felzl über das Fischlokal Goldfisch bis zum internationalen Restaurant Westpol und dem Vietnamesen Nguyen's Pho House haben sich hier einige spannende Lokale angesiedelt. Lokale, die auch Leute außerhalb der Nachbarschaft anlocken. Und so womöglich mithelfen, die Lerchenfelder Straße auch als Einkaufsstraße ein bisschen bekannter zu machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2016)

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