Wie man Wien neu ordnen könnte

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Rathaus(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Seit Michael Häupl eine Neuordnung der Wiener Bezirksgrenzen bis 2030 überlegt, werden unterschiedliche Varianten diskutiert. Dabei kristallisieren sich drei realistische Versionen heraus.

Wien. Egal, ob es kommt, debattiert wird jedenfalls schon: Seit der Bürgermeister im Zuge der Wiener Verwaltungsreform über eine Neuordnung der Bezirke reden will, reden alle mit – selbst „wenn es sein kann, dass das am Ende nicht umgesetzt wird“, wie Häupl zugibt. „Die Presse“ ist der Frage nachgegangen, welche Szenarien im Falle einer Neuordnung bis 2030 überhaupt realistische Chancen auf Umsetzung besitzen.

1. Zusammenlegung von innerstädtischen Bezirken analog zu den Wiener Wahlkreisen.

In der Inneren Stadt leben 16.300 Menschen. Favoriten besitzt mit 190.000 Bewohnern die mehr als zehnfache Einwohnerzahl. Dieses Ungleichgewicht wird bei Wiener Wahlen organisatorisch ausgeglichen – indem kleinere Bezirke zu einem Wahlkreis zusammengefasst werden. Konkret werden die Innere Stadt, Wieden, Margareten und Mariahilf wegen deren geringer Einwohnerzahl zu einem Wahlkreis. Auch Neubau, die Josefstadt und der Alsergrund werden hier gebündelt, während alle anderen Bezirke jeweils einen Wahlkreis bilden. Damit wäre es naheliegend, wenn die Neuordnung der Bezirksgrenzen jenem Modell folgte, das bereits erfolgreich bei Wahlen eingesetzt wird – mit der Stoßrichtung, bevölkerungsarme Bezirke zu fusionieren, um durch Synergieeffekte Kosten zu sparen. Radikal und äußerst unwahrscheinlich wäre eine Bezirksfusion analog zu den Wiener Wahlkreisen bei Nationalratswahlen. Dann gäbe es nur noch sieben Bezirke.

2. Die Teilung der großen Bezirke Floridsdorf und Donaustadt.

Floridsdorf und die Donaustadt haben so viele Einwohner wie Graz. Wenn man sehe, wie viele Bezirke Graz habe (es sind 17), könne er sich eine Teilung vorstellen, so Häupl. Womit es dann drei Bezirke jenseits der Donau gebe. Bemerkenswert: Häupl erwähnte nicht, dass Favoriten mit seinen 190.000 Einwohnern deutlich größer ist als Floridsdorf (150.000 Einwohner), aber auch als die Donaustadt (173.000 Einwohner). Dass Häupl den zehnten Bezirk ausließ, sorgte daher für Spekulationen über eine schön verpackte Ermahnung Häupls an das rebellische Transdanubien. Immerhin sind dort die Speerspitzen jener Fraktion, die sich gegen die Willkommenskultur der Innenstadtbezirke stellt und (nach Angriffen aus den urbanen Innenbezirken) öffentlich ein Machtwort von Häupl eingefordert hatte; was der Bürgermeister zurückwies.

Was gegen diese Theorie spricht: Ein dritter (wahrscheinlich roter) Bezirkschef würde sich auf die Seite von Floridsdorf und der Donaustadt stellen – da mit einer Refugees-Welcome-Linie bei Wählern jenseits der Donau nichts zu gewinnen ist. Eine Teilung könnte diese Fraktion sogar stärken.

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3. Die Bezirksgrenzen folgen der lokalen Verwaltung, die teilweise zusammengelegt wurde.

Bis 2030 wird die Neuaufstellung der Bezirksverwaltung weiter forciert. Deshalb wäre es naheliegend, dass neue Bezirksgrenzen der fusionierten Bezirksverwaltung folgen. Die Kandidaten: Wieden und Margareten sowie Mariahilf und Neubau teilen sich seit Jahrzehnten ein Amtshaus. Sie könnten ebenso fusioniert werden wie die Bezirke 13 und 14 bzw. eins und acht, deren Verwaltung ebenfalls nach dem Krieg fusioniert wurde. Und: Ende Juni wurden Währing und Döbling zu einer Verwaltungseinheit (gemeinsames Meldeamt, Fundservice etc).

Was das bringt? Die Mitarbeiter aus Döbling wurden umgesiedelt, einzelne teure Posten eingespart wie z. B. ein Bezirksamtsleiter, dessen Stellvertreter und dessen Kanzleileitung. Dazu fallen Miete und Betriebskosten sowie Kosten für Sanierungen für ein Gebäude weg, das verkauft werden soll. „Auch das schafft Geld für das Budget in Millionenhöhe“, erklärt die Magistratdirektion.

Weitere Kandidaten – auch wenn sie nicht explizit erwähnt werden: Die wachsende Leopoldstadt könnte mit der benachbarten Brigittenau, die bis auf den Nordwestbahnhof kaum mehr freie Flächen hat, verwaltungstechnisch fusionieren. Auch bei der Zusammenlegung des dritten und elften Bezirks bzw. von Rudolfsheim-Fünfhaus und Ottakring würde es Synergieeffekte geben.

Faktum ist: Die Opposition wird darauf achten, welche Bezirke Rot-Grün fusionieren will. Denn eine taktisch gewählte Zusammenlegung kann die politischen Mehrheitsverhältnisse in einem Bezirk radikal ändern, den Bezirk umfärben. Allerdings kann Rot-Grün allein die Bezirksgrenzen neu ziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2016)

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