JVP sucht die Konfrontation

Nico Marchetti
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Wiens Junge ÖVP, aus der auch Sebastian Kurz und Gernot Blümel kommen, positioniert sich zum Teil gegen die Bundespartei.

Wien. Die Partei von Außenminister Sebastian Kurz trifft sich am Samstag zu einem außerordentlichen Parteitag mit 160 Delegierten, bei dem es um brisante Weichenstellungen geht. Die Rede ist nicht von der Bundes-ÖVP – Kurz hat (noch) nicht Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner abgelöst. Es geht um die Junge ÖVP Wien, aus der Kurz kommt. Und aus der er seine Vertrauensleute rekrutiert, etwa Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel, dessen Parteimanager Markus Wölbitsch und die künftige ÖVP-Wien-Klubchefin Elisabeth Olischar. Nicht nur deshalb geht die Bedeutung des Parteitags weit über die Bedeutung der schwarzen Jugendorganisation hinaus. „Das Ziel ist, dass wir zu brisanten Themen diskutieren und dazu eine Haltung finden“, sagt Wiens JVP-Chef Nico Marchetti: „Was am Samstag beschlossen wird, ist unsere offizielle Linie.“ Und die dürfte sich auch auf die Wiener ÖVP auswirken – sind deren Führungspersonen doch Mitglieder der JVP. Ein Überblick.

• Bezirksfusionen. Seit Bürgermeister Michael Häupl eine Änderung der Bezirksgrenzen in den Raum gestellt hat, wird diskutiert. Ein Antrag wird auch beim Parteitag gestellt. Effizientere Strukturen seien sinnvoll, so Marchetti. Aber: „Wir haben ein paar Bezirksvorsteher, die sehen das nicht so entspannt.“

• Abschaffung nicht amtsführender Stadträte. Gernot Blümel, Chef der Wiener ÖVP und nicht amtsführender Stadtrat, muss als JVP-Mitglied über die Abschaffung seines Stadtratsjobs abstimmen. Genau das fordert ein Antrag.

• Politiker sollen haftbar sein. „Die Verantwortung von Politikern endet mit dem Amt.“ Dieser Spruch von Ex-ÖVP-Klubchef Andreas Khol soll nicht mehr gelten. Konkret will die JVP nach dem Hypo-Desaster, Spekulationsverlusten des Landes Salzburg und Verlusten durch die Franken-Kredite in Wien dafür kämpfen, dass Politiker für ihr Handeln haftbar sind – wie Geschäftsführer in der Privatwirtschaft.

Ablehnung von Quoten. Eine Quotenlösung bei Stellenbesetzungen reduziere Bewerber auf nicht beeinflussbare Faktoren wie Migrationshintergrund, Alter oder Geschlecht, heißt es in einem Antrag: Die Partei solle sich gegen derartige Quotenregelungen stellen – künftig sollten nur Leistung und Qualifikation zählen. Im Gegenzug sollen Bewerbungsverfahren geschaffen werden, die Diskriminierung ausschließen.

• Wehrpflicht für Frauen. Eine Reform der Wehrpflicht mit Ausweitung auf Frauen (Wahlfreiheit zwischen Wehr- und Zivildienst) wird auch gefordert – so wie eine Ausweitung des Einsatzgebietes von Zivildienern auf die Bereiche Integration und Bildung.

• Legalisierung von Cannabis. Ein Antrag, der bei anderen politischen Jugendorganisationen regelmäßig kommt, taucht nun auch bei der JVP auf. Dem Vernehmen nach soll der Antrag auf Legalisierung von Cannabis allerdings keine Chance auf Annahme haben.

Gleichstellung Ehe/Homo-Ehe.
Dieser Antrag geht auch gegen die Bundes-ÖVP. Es wird gefordert, alle Unterschiede zwischen der Eingetragenen Partnerschaft und der Ehe zu beseitigen.

Ja zu Freihandelsabkommen. In Zeiten des Protestes gegen Ceta und TTIP stellt sich ein JVP-Antrag gegen den Mainstream: Die EU habe Freihandelsabkommen mit 30 Ländern. Russland, China und Indien würden gerade ein gemeinsames Abkommen anstreben; die USA stünden vor der Entscheidung, sich nach Europa oder Asien zu orientieren. Deshalb wird beantragt, dass sich die Partei grundsätzlich für eine internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit einsetzt.

Bei der Annahme von einigen Anträgen würde die JVP von Kurz auf Konfrontation zur Bundes-ÖVP gehen. Dazu Marchetti: „Sich vor jedem und allen zu fürchten ist fad. Wir können damit umgehen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2016)

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