„Habe Fördergelder nicht veruntreut“

PROZESS GEGEN MUTMASSLICHEN KOPF DES AUF F�RDER-BETRUG AUSGERICHTETEN WIENER KINDERGARTEN-NETZWERKS
PROZESS GEGEN MUTMASSLICHEN KOPF DES AUF F�RDER-BETRUG AUSGERICHTETEN WIENER KINDERGARTEN-NETZWERKS(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Wiener Betreiber wegen Finanzbetrugs. Dieser wehrt sich gegen die Vorwürfe und vermutet eine Intrige von Mitarbeitern.

Wien. „Alles Lüge und Intrige. Ich habe die Fördergelder nicht veruntreut, und ich habe auch nicht zu Unrecht AMS-Geld kassiert“, sagt M. O., der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, zur „Presse“.

Der Geschäftsmann betreibt seit Jahren Kindergärten in Wien und ist Gesellschafter eines Bildungsinstituts, das Kindergruppenleiter ausbildet. Weiters ist er Kommanditist eines Handelsunternehmens und bekleidete in mehreren Vereinen, die von Förderungen leben, diverse Funktionen.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Finanzbetrugs. So wird ihm vorgeworfen, gegen Förderrichtlinien für rund 90 Kindergartenplätze verstoßen zu haben – beziehungsweise Geld für Kinder lukriert zu haben, die es gar nicht gab. Die MA 10 hat die Zahlungen eingestellt, solange die Ermittlungen laufen. Ob man Geld zurückfordern werde, werde man erst entscheiden, heißt es von der MA 10. Weiters steht der Vorwurf im Raum, O. habe zu Unrecht Geld vom AMS für Bildungskarenz kassiert. Für O. ist alles ein „Zusammentreffen unglücklicher Umstände“ gepaart mit einer Racheaktion enttäuschter Mitarbeiter.

Richtige Kinder, falscher Ort

Im März 2016 hatte er einen insolventen Kindergarten in Floridsdorf übernommen. „Ich dachte, ich könnte die Genehmigung übernehmen, aber das war nicht so, also musste ich sie neu beantragen“, sagt er. Weil das so lange dauerte, meldete er die Kinder an einem seiner anderen Standorte im dritten Bezirk an – betreute die Kinder aber weiterhin in Floridsdorf.

„Man kann darüber streiten, ob die Kinder an einem falschen Ort betreut wurden und ob er deshalb gegen die Förderrichtlinien verstoßen hat“, sagt seine Anwältin Banu Kurtulan. „Aber es handelt sich nicht um Fantasiekinder, für die kassiert wurde, wie medial dargestellt.“ Auch für den Vorwurf rund um Geld vom AMS hat O. eine Erklärung: „Ich bin in Bildungskarenz gegangen, weil ich mich in alternativer Pädagogik weiterbilden möchte. Das ist nicht verboten.“ Dass er währenddessen weitergearbeitet hätte, wie ihm vorgeworfen wird, bestreitet er. „Alles ehrenamtliche Tätigkeiten.“

In einer anonymen Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft, hinter der O. eine Mitarbeiterin vermutet, finden sich weitere Vorwürfe: Etwa, dass O. kaufmännische Lehrlinge Betreuungstätigkeiten verrichten ließ. Oder dass er vom AMS gefördertes Personal gleich nach Auslaufen der Förderung hinausgeworfen habe. „Das ist alles nicht strafbar“, meint seine Anwältin. O. hat sich vorerst aus dem Kindergartengeschäft zurückgezogen, seine Vereinsfunktionen zurückgelegt. Der Kindergarten in Floridsdorf hat einen neuen Betreiber. Die Eltern sind darüber froh: „Er hat uns immer irgendetwas versprochen, was nie passiert ist. Dass die Genehmigung bald kommt. Dass die Kinder Bioessen bekommen, und dann gab es nur billiges Fertigessen“, sagt ein Vater.

Alt-Wien: Millionenforderungen

Der Fall gehört zu einer Reihe von Vorfällen rund um Kindergärten. Für besonderes Aufsehen sorgten die Alt-Wien-Kindergärten, die wegen missbräuchlich verwendeter Förderungen in Millionenhöhe geschlossen wurden. Die Standorte haben mittlerweile andere Betreiber – sie wurden vom Masseverwalter verkauft. Bei einer ersten Tagsatzung haben die Gläubiger nun ihre Forderungen angemeldet: Die sind mit 17,3 Millionen höher als erwartet. Die Stadt Wien fordert 6,6 Millionen Euro an zweckwidrig verwendeten Fördermitteln retour.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2016)

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