Mehrere Investoren haben sich für das Baurecht auf dem Grund des ehemaligen Rechenzentrums beworben. Dass die Stadt diese zentralen Liegenschaft somit aus der Hand geben dürfte, stößt auf Kritik.
Wien. Ob an der Adresse Rathausstraße 1 einmal Büros untergebracht, Geschäfte aufsperren werden oder die Liegenschaft doch anders genutzt wird, darüber kann man weiterhin nur spekulieren, aber: Bis Jahresende sollte die Zukunft des Grundstücks, auf dem das seit Jahren verwaiste Rechenzentrum – der sogenannte Glaspalast – steht, doch ein wenig klarer sein.
Denn: Die Wiener Standortentwicklung (WSE) hat aus den Angeboten von Investoren, die sich um das Baurecht auf dieser Liegenschaft beworben haben, die Interessantesten ausgesiebt. Namen könne man nicht nennen, so ein Sprecher der WSE (einer Tochter der Wien-Holding). Es seien aber „einige namhafte Interessenten“ dabei. Deren Angebote werden derzeit geprüft. Bis Jahresende will man entscheiden, wer den Zuschlag bekommt und dort einen Neubau errichten kann.
Gutachten unter Verschluss
Denn das alte Rechenzentrum von Harry Glück soll abgerissen werden, und das obwohl ein (unter Verschluss gehaltenes) Gutachten – „Die Presse“ hat berichtet – zu dem Schluss gekommen ist, dass eine Sanierung des Rechenzentrums wesentlich billiger käme als ein Neubau. Ursprünglich wollte die WSE selbst ein Bürogebäude auf dem Grund (der der Stadt gehört) entwickeln, hat sich aber, angeblich mangels Interessenten, dafür entschieden, das Baurecht zu verkaufen.
Wie viel Geld man für dieses Baurecht will, wie viel die jahrelange Verzögerung die Stadt gekostet hat: Das wollten die ÖVP-Gemeinderäte Sabine Schwarz und Wolfgang Ulm kürzlich vom zuständigen Stadtrat, Michael Ludwig (SPÖ), in einer schriftlichen Anfrage wissen.
Dessen Antwort: eher karg. Von den dreizehn Fragen beantwortete Ludwig nur zwei. Etwa jene, ob die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen werde: Das könne man, so die Antwort sinngemäß, erst sagen, wenn es ein Angebot eines Dritten gebe. Die anderen Fragen beantwortet man gar nicht, weil man, so eine Sprecherin Ludwigs, nicht zuständig sei. „Wir können nicht für den WSE antworten.“
Geht es nach der Bezirksvorsteherin der Josefstadt, Veronika Mickel (ÖVP), sollte die Stadt die Liegenschaft erst gar nicht aus der Hand geben: „Durch die Weitergabe des Baurechts vergibt sich die Stadt auf Jahrzehnte jede Einflussmöglichkeit an einer so zentralen Lage, das ist verantwortungslos.“
Sie kritisiert auch fehlende Transparenz: Welche Bedingungen die Stadt Investoren stellt, wie viel Geld sie will, all das sei offen. Angesichts des Rechnungshofberichts, der kürzlich festgestellt hat, dass die Stadt viele Grundstücke massiv unter ihrem Wert verkauft hat, hofft Mickel, dass die Stadt den Grund nicht auch „verschleudern“ werde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2016)