Stadthalle: Millionen verspekuliert

Wirtschaftsstadträtin Brauner gerät wegen der Stadthalle unter Druck.
Wirtschaftsstadträtin Brauner gerät wegen der Stadthalle unter Druck. (c) Clemens Fabry
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Der Rechnungshof der Stadt Wien hatte 2011 vor riskanten Finanzspekulationen der Stadthalle gewarnt. Diese wurden nicht sofort abgestellt – das sorgt nun für einen Millionenverlust.

Wien. Mit hoch riskanten Derivaten auf dem internationalen Börsenparkett hat die Wiener Stadthalle rund acht Millionen Euro verspekuliert – obwohl die Prüfer des Stadtrechnungshofes (StRH) bereits vor fünf Jahren ausdrücklich davor gewarnt und eine sofortige Reaktion gefordert hatten.

Auf diesen Nenner kann jener Prüfbericht des StRH gebracht werden, der am Freitag veröffentlicht wurde. Und in dem detailliert nachgezeichnet wird, weshalb der Steuerzahler nun mit einem Verlust von 8,33 Millionen Euro durch den Einsatz kaum durchschaubarer Finanzinstrumente konfrontiert ist. Wobei die Prüfer anmerken, dass die fehlgeschlagenen Spekulationen die Kosten für die Errichtung der Halle F um rund ein Viertel (auf 33 Millionen Euro) nach oben getrieben haben.

Kick-in-at-the-End-Derivate

Die Vorgeschichte: Im Jahr 2011 hatte der StRH herbe Kritik an der Wiener Stadthalle geübt, die zur Wien Holding von Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ) gehört. Konkret sorgte das Konstrukt zur Finanzierung der Halle F (sie wurde 2006 fertig) für völliges Unverständnis bei den Prüfern. Diese stießen nämlich nicht nur auf Derivate, die zur Absicherung des Leasinggeschäfts für den Bau der Halle F abgeschlossen wurden. Sondern auch auf riskante derivate Finanzinstrumente, die über den Bau der Halle F hinausgingen.

Anders formuliert: Im Windschatten der Finanzierung der Halle F liefen riskante Finanzspekulationen mit „erheblichem Risiko“, wie die Prüfer damals wörtlich formulierten. Darunter Währungsspekulationen mit Euro und türkischer Lira. Dazu hochkomplexe Derivate wie sogenannte Receiver Swaption, Interest Rate Swap, Euro Payer Swaption, Knock-in-Euro-Franken-Put-Option und Kick-in-at-the-End-Derivate mit Euro und Schweizer Franken.

„Die Presse“ berichtete damals unter dem Titel „Riskante Geldgeschäfte der Wiener Stadthalle“. Diese konterte die harsche Kritik der Experten des StRH damals so: „Durch den Einsatz einzelner derivativer Finanzinstrumente wurden keine neuen Risiken begründet.“ Man sei außerdem im Plus, wurde dort beruhigt.

Als die Prüfer im Rahmen einer Nachprüfung mit September 2015 kontrollierten, ob ihre damaligen Empfehlungen umgesetzt worden waren bzw. welchen Erfolg die derivativen Finanzinstrumente gebracht hatten, stießen sie auf Millionenverluste. Diese kommentierte die Stadthalle am Freitag nun so: Man habe im Vorjahr bestehende Finanztermingeschäfte auslaufen lassen, also die Produkte in Türkischer Lira und Schweizer Franken: „Durch diese Vorgangsweise konnten die Verluste aus diesen beiden Produkten um bis zu rund 50 Prozent verringert werden“, hieß es in einer Aussendung.

Laufzeit bis zum Jahr 2042

Während diese Verluste bereits realisiert wurden, die Stadt die eingegangene Zins- und Währungswette also verloren hat, gibt es laut StRH ein weiteres Problem: Ein Derivat läuft noch bis September 2042. Und erst dann wird der Wiener Steuerzahler merken, ob sich die Stadt hier ebenfalls verspekuliert hat. Derzeit ist dieses Derivat ebenfalls „unter Wasser“. Das kommentiert die Stadthalle wörtlich so: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Marktwert dieses Produktes sich in den nächsten 25 Jahren noch ins Positive für die Wiener Stadthalle dreht.“ Dazu halten die Prüfer aber fest: Aufgrund des aktuellen niedrigen Zinsniveaus auf den Finanzmärkten bedeutet das derzeit einen jährlichen Mehraufwand von 300.000 Euro.

Opposition kritisiert Brauner

Wegen der Millionenverluste gerät nun Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner politisch unter Beschuss der Opposition. Auch, weil Brauner laufend erklärt hat, dass in Wien mit Steuergeld nicht spekuliert werde und Wien sich 2013 sogar ein Spekulationsverbot verordnet habe, kritisiert die Opposition. Wörtlich meint Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel: „Kaum ein Tag vergeht, ohne dass neue Skandale mit einer enormen Steuergeldverschwendung ans Tageslicht treten.“ Nachsatz: „Die Berichte zeigen die Misswirtschaft im Ressort von Stadträtin Brauner, im Speziellen bei der Wien Holding.“

In dieselbe Kerbe schlägt FPÖ-Klubchef Dominik Nepp, der vom „x-ten SPÖ-Finanzskandal unter Häupl, Brauner und Wehsely“ sprach: „Diese Praktiken erinnern an fortgeschrittene Spielsucht.“ Und Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger, die wörtlich von einem „Finanzdesaster in der Wien Holding“ sprach, nahm ebenfalls Brauner ins Visier: „Finanzstadträtin Brauner hat schon ein besonderes Händchen dafür, aus Gold Mist zu machen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2016)

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