Wien plagen übelriechende Wanzen

Archivbild: Eine Marmorierte Baumwanze
Archivbild: Eine Marmorierte Baumwanze(c) imago/blickwinkel (imago stock&people)
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Die Marmorierte Baumwanze aus Ostasien macht sich massiv in der Hauptstadt breit, sitzt in Schwärmen auf Fassaden und dringt in Wohnungen ein. Man kann sie aber abwehren.

Wien. Sie sonnen sich auf Balkonen, sitzen in Hauseingängen herum, dringen in Wohnungen ein, wo sie sich ein warmes Plätzchen suchen – und einen unangenehmen Geruch verbreiten. Wien kämpft derzeit mit einer Wanzenplage.

Bei der Stadt Wien gehen Hunderte Anrufe ein, weil sich Bürger über die neuen ungebetenen Gäste beschweren. „Wir haben eine neue Wanzengattung, die dieses Jahr erstmals massiv auftritt“, sagt Alexander Lorber, Chef für Pflanzenschutz bei der MA 42. Es handelt sich hierbei um Halyomorpha halys – die Marmorierte Baumwanze. Die zwölf bis 17 Millimeter langen Tiere sind grau bis braun marmoriert und haben am Seitenrand des Hinterleibes schwarz-weiß gemusterte Flecken. Sie haben einen transparenten Flügelteil mit Streifen, die Unterseite ist gelb gefärbt, die Mundteile sind als Stechrüssel ausgebildet.

Migration aus Asien

Die Wanze stammt ursprünglich aus Ostasien und wurde vermutlich durch Warenlieferungen eingeschleppt. Sie trat erstmals vor einigen Jahren in südeuropäischen Ländern auf, und dort seitdem immer wieder in großer Zahl – auch in den USA hat man seine Not mit den Tieren.

Abgesehen von ihrem „eigenwilligen“ Geruch ist die Wanze aber für Mensch und Tier harmlos: Sie lebt das ganze Jahr auf mehr als 100 verschiedenen Bäumen und Sträuchern. Die Wanze hat eine Vorliebe für Beeren-, Stein- und Kernobst sowie Ziersträucher wie Hibiskus, Sommerflieder, Feuerdorn und Ähnliches. Unter den Waldbäumen wurde sie bisher vor allem an Weiden-, Ahorn-, Zedern- und Zypressenarten gefunden. Die Wanzen ernähren sich vom Pflanzensaft, schädigen die Wirtspflanze dabei aber prinzipiell nicht.

Wenn nun mit der kalten Jahreszeit die Blätter fallen, verlieren die Insekten ihr Zuhause. Dass sie ausgerechnet jetzt gehäuft auftreten, hat damit zu tun, dass sich die Tiere nun ein neues Winterquartier suchen. Weil sie es gern warm haben, sieht man sie nun vermehrt auf sonnenbeschienenen Fassaden oder auf Balkonen. „Wenn Fenster gekippt oder geöffnet sind, dann krabbeln sie aber auch hinein und suchen sich dort warme Plätze“, sagt Lorber.Sie würden sich in Wohnungen aber nicht vermehren und seien auch sonst für den Menschen ungefährlich.

„Wir stufen die Wanze darum als Lästling, aber nicht als Schädling ein“, sagt Lorber. Deswegen verzichte man auch auf groß angelegte Bekämpfungsaktionen mit Chemikalien. „Es zahlt sich einfach nicht aus, großflächig Wiesen, Parks und Spielplätze zu vergiften, weil diese Tiere zwei, drei Wochen im Jahr lästig sind“, sagt Lorber. Darüber hinaus bezweifle er die Wirksamkeit von Chemikalien.

Auch die Schweiz wird immer wieder massiv von der Wanze geplagt, man versuchte diese mit unterschiedlichsten Methoden loszuwerden – die meisten hatten nur mäßig Erfolg. „Ich versuche das positiv zu sehen“, sagt Lorber. „Wir haben die Wanzen eben auch, weil Wien für eine Großstadt sehr grün ist. Wenn man am Wasser lebt, muss man auch die Gelsen aushalten.“

Hinter Fliegengittern

Dennoch gibt es Hoffnung, die Tiere bald wieder loszuwerden: „Wenn der Winter einigermaßen kalt wird, sollte das Problem nächstes Jahr viel kleiner sein“, sagt Lorber, der auch ein paar Tipps hat, wie man sich vor den lästigen Insekten schützen kann. Um ein Eindringen der Wanzen in Wohnräume zu verhindern, sollten vorbeugend Ritzen und Spalten an den Außenfassaden abgedichtet werden. Fliegengitter seien eine weitere sinnvolle Möglichkeit, die Wanzen, aber auch andere Insekten abzuwehren. Er rät davon ab, die Tiere zu erschlagen – weil sie dann eben ein stinkendes Sekret freisetzen. Das tun sie übrigens auch, wenn man ihnen zu nahe kommt. Wer sie also ins Freie befördern will, sollte das mit viel Fingerspitzengefühl tun.

Lexikon: Marmorierte Baumwanze

Die Halyomorpha halys gehört zur Familie der Baumwanzen. Ursprünglich kommt sie aus Ostasien und wurde vermutlich mit Waren eingeschleppt. Das Tier ist mit 12 bis 17 Millimetern Körperlänge eine relativ große Wanzenart. Es ernährt sich vom Saft von mehr als 100 Pflanzenarten – und schädigt diese dabei nicht. Im Herbst sucht die Wanze ein Winterquartier, dringt dabei in Häuser und Wohnungen ein. Zum Schutz vor Feinden hat sie ein übel riechendes Abwehrsekret.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29. November 2016)

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