Döbling stoppt den Trend zum Parkpickerl

Parkpickerl
Parkpickerl(c) Clemens Fabry
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Während Bezirk um Bezirk das Parkpickerl einführt, lehnt Döbling nach einer Bürgerbefragung die kostenpflichtigen Kurzparkzonen ab. Und setzt nun auf das Höchstgericht, um sein Parkplatzproblem zu lösen.

Wien. Wahlen, Abstimmungen und Befragungen enden oft völlig anders als erwartet. Das wurde in der Nacht auf Dienstag wieder einmal deutlich. In Döbling stimmte eine knappe Mehrheit (51,6 Prozent) der Befragten völlig unerwartet gegen die Einführung der Parkraumbewirtschaftung („Die Presse“ berichtete in Teilen ihrer Dienstagsausgabe).

Bezirksvorsteher Adi Tiller (ÖVP), der mit einem Ja zum Parkpickerl gerechnet hatte, zur „Presse“: „Es ist eine überraschende Entscheidung – so wie die Amerikaner auch Donald Trump zum Präsidenten gewählt haben.“ Nachsatz: „Den Bürgerwunsch, diese Entscheidung habe ich zu akzeptieren.“

Das bedeutet: Döbling wird doch kein Parkpickerl einführen und stellt sich damit gegen einen wienweiten Trend: Währing hat am 5. September die gebührenpflichtigen Kurzparkzonen eingeführt. Favoriten folgt im September nächsten Jahres. Das verschärft naturgemäß die Parkplatzsituation in Simmering, wo Bezirksvorsteher Paul Stadler (FPÖ) die Bevölkerung vor dem Sommer über die Einführung des Parkpickerls (in gewissen Bereichen) befragen will. Das betrifft vor allem die Gebiete rund um U-Bahn-Stationen. Und auch die Hietzinger Bezirkschefin, Silke Kobald (ÖVP), hat eine Befragung über die Einführung des Parkpickerls im ersten Quartal 2017 angekündigt – da die Areale entlang der U4-Trasse oft überparkt sind.

Nach dem Nein zum Parkpickerl in Döbling versucht Bezirkschef Tiller in stark überparkten Gebieten des 19. Bezirks nun eine Lösung zu finden – sind doch Teile von Döbling parkplatzmäßig massiv unter Druck geraten, seitdem zahlreiche Währinger nach der dortigen Einführung des Parkpickerls ins nahe Döbling ausgewichen sein.

Wie reagiert nun Tiller auf den Druck aus dem Nachbarbezirk Währing? „Ich habe Spitzenbeamte bei mir gehabt, um zu klären, ob Zwischen- und Einzellösungen möglich sind“, erklärt der Bezirkschef der „Presse“. Konkret meint Tiller die Einführung von Kurzparkzonen rund um Hotspots („Insellösungen“), die sich an den Brennpunkten Nussdorf, Heiligenstadt, Oberdöbling und dem Cottagegebiet befinden. Dort stellen Pendler aus Niederösterreich oder dem Burgenland gern ihr Fahrzeug ab – weil sie von dort aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach und schnell zur Arbeit in der Stadt kommen.

Höchstgericht beurteilt Anrainerparken

Gleichzeitig hofft der Döblinger Bezirkschef auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die in einigen Monaten erwartet wird. Und die das Wiener Parkplatzkonzept von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou zu massiven Änderungen zwingen könnte.

Konkret geht es um das Anrainerparken. Derzeit dürfen in einem Grätzel, das überparkt ist, bis zu 20 Prozent der Parkplätze ausschließlich für Anrainer reserviert werden. Dieses System, auf das die Innenstadtbezirke seit einiger Zeit setzen, will Tiller rund um verkehrsmäßige Hotspots ebenfalls einführen. Nur: Anrainerparkplätze sind laut Verkehrsressort nur in Bezirken möglich, die bereits das Parkpickerl eingeführt haben – weshalb Tillers Ansuchen abgelehnt wurde. Das Verkehrsressort hatte immer argumentiert, zuerst müsse laut Gesetz das gelindeste Mittel angewandt werden. Und das ist aus Sicht des Wiener Verkehrsressorts zuerst die Einführung des Parkpickerls. Erst dann dürften Anrainerparkplätze verordnet werden, hieß es immer. Wobei das Verkehrsministerium durchaus eine andere Meinung vertritt – wie auch die Wiener ÖVP. Nun muss das Höchstgericht klären, ob in Döbling Anrainerparkplätze gegen den Willen der grünen Verkehrsstadträtin, Maria Vassilakou, eingerichtet werden dürfen. Denn ein sogenanntes Westpickerl, also ein gemeinsames Parkpickerl für die Bezirke von Döbling bis Hietzing über Liesing, Simmering und Favoriten, wurde vom Verkehrsressort ebenfalls abgelehnt.

Heftige Reaktionen auf Befragung

Während Tiller nun die Einführung von „Insellösungen“ überlegt, warnt Bernhard Wiesinger (ÖAMTC) davor: Es gelte, die Befragung zu respektieren „und nicht stattdessen in Teilen des Bezirks erst recht starre Kurzparkzonen durch die Hintertüre einzuführen“. Die FPÖ wiederholt ihre Forderung nach Anrainerparkplätzen für Döbling, die SPÖ sieht „den Bezirk mit einer kuriosen Befragung ins Parkplatzchaos geführt“, und die Neos fordern eine wienweite Lösung, während die Grünen eine Verhinderung der Lösung der Döblinger Verkehrsprobleme durch die Bürgerbefragung von Tiller sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2016)

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