Erste Zusatztafeln für historisch belastete Straßennamen

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Wiener Straßen bzw. Plätze, deren Namen von Historikern als belastet eingestuft wurden, bekommen erklärende Zusatztafeln. Die erste Tranche ist nun fertig.

Eine Historikerkommission hat im Auftrag der Stadt im Jahr 2013 alle nach Personen benannten Wiener Straßen auf historische Belastungen geprüft. 28 davon - darunter der Dr.-Karl-Lueger-Platz oder die Porschestraße - wurden als sehr problematisch bewertet. Zu diesen werden nun erklärende Zusatztafeln montiert. Die 14 Plaketten umfassende erste Tranche ist fertig, sie wurde am Donnerstag präsentiert.

Ziel sei es, die Geschichte der Stadt sichtbar zu machen anstatt sie zuzudecken, sagte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Insofern sei er nach wie vor gegen Umbenennungen von Straßen, bekräftigte der Ressortchef. Die 2012 unternommene Neubezeichnung des Dr.-Karl-Lueger-Rings als Universitätsring bleibt somit weiterhin die Ausnahme.

Der grüne Kultursprecher Martin Margulies betonte ebenfalls die Wichtigkeit für die politische Auseinandersetzung, die dunklen Teile der Biografien darzustellen anstatt sie einfach wegzuwischen: "Diese Menschen haben für die Stadt viel geleistet, aber sie waren auch Wegbereiter für den Antisemitismus und Nationalsozialismus."

(v.l.) Historiker Oliver Rathkolb, der grüne Kultursprecher Martin Margulies, Gemeinderätin Susanne Bluma und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny
(v.l.) Historiker Oliver Rathkolb, der grüne Kultursprecher Martin Margulies, Gemeinderätin Susanne Bluma und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny APA/HELMUT FOHRINGER

Ab kommender Woche angebracht

Die ersten Zusatztafeln werden ab kommender Woche in den Bezirken 1, 3, 10, 14, 21 und 23 angebracht. Die Erklärungstafel zu Lueger, nach dem ein Platz in der Innenstadt und eine Brücke in Penzing benannt sind, lautet etwa: "Gründer der Christlich-Sozialen Partei. 1897-1910 Bürgermeister. Mitgestalter Wiens zu einer modernen Großstadt. Kritisch bewertet werden muss sein populistischer Antisemitismus, der ein politisches Klima förderte, welches die Verbreitung des Nationalsozialismus begünstigte." Unter den bekannteren der kritischen Personen findet sich auch Ferdinand Porsche, einerseits maßgeblicher Autobauer, andererseits belastet durch "seine Mitgliedschaft bei NSDAP und SS, die Beschäftigung von ZwangsarbeiterInnen sowie seine Tätigkeit in der NS-Rüstungsindustrie".

Wie schon der Bericht der Historikerkommission wurden auch die Zusatztexte für die Straßenschilder unter der Leitung des Historikers Oliver Rathkolb erarbeitet. Dieser versicherte, dass es international kein vergleichbares Projekt gebe.

Die zweite Tranche - also die restlichen 14 Tafeln - sollen demnächst folgen. Die Formulierungen seien bereits fertig, sie lägen jetzt noch zur Abstimmung bei diversen Stellen - etwa den Bezirken, dem Stadt- und Landesarchiv und der Verkehrsflächenbenennungskommission. Unter den noch ausständigen Erklärungen findet sich u.a. die Dusikagasse - benannt nach dem Radrennfahrer Franz "Ferry" Dusika.

(APA)

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