Streit beigelegt: Heumarkt-Turm wird niedriger

Archivbild: Investor Michael Tojner vergangenen Mai vor dem Eislaufverein bzw. dem Hotel Intercontinental
Archivbild: Investor Michael Tojner vergangenen Mai vor dem Eislaufverein bzw. dem Hotel IntercontinentalClemens Fabry / Die Presse
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„Presse“ exklusiv. Das Hotel Intercontinental beim Eislaufverein am Wiener Heumarkt wird jetzt abgerissen – der Neubau soll um 10 Meter niedriger als geplant werden. Die Eislauffläche soll verkleinert, Gehsteige dafür vergrößert werden. Ob das reicht, um das Unesco-Welterbe zu erhalten?

Wien. Sechs Monate hat die Nachdenkpause rund um das Heumarkt-Projekt gedauert, das Ergebnis dürfte nun zu deutlichen Änderungen führen. Erstens: Das Intercontinental soll nun doch abgerissen und nicht saniert werden. Zweitens: Der geplante und seit Jahren umstrittene Wohnturm neben dem Hotel Intercontinental dürfte nun niedriger und schlanker werden als bisher geplant: Konkret soll der – ursprünglich mit einer Höhe von 73 Metern dimensionierte – Turm nun um rund zehn Meter niedriger werden.

Weniger Luxuswohnungen

So steht es zumindest im der „Presse“ vorliegenden Bericht der Experten Christoph Luchsinger und Christof Schremmer, die das Vermittlungsverfahren im Auftrag der Stadt durchgeführt haben. Die Redimensionierung dürfte dabei auf Kosten des Investors – der Wertinvest von Michael Tojner – gehen: Denn mit Luxuswohnungen im Turm sind im nun überarbeiteten Entwurf weniger Stockwerke vorgesehen. Tojner hatte die – kritisierten – Luxuswohnungen stets damit gerechtfertigt, dass er mit deren Verkauf die Neugestaltung des Areals – für das er insgesamt 210 Millionen Euro in die Hand nehmen möchte – mitfinanzieren würde.

Nötig geworden war die Überarbeitung des seit Jahren geplanten Projekts, weil der Fachbeirat für Architektur und Stadtgestaltung im Frühling daran harte Kritik geübt hatte – so wurde kritisiert, dass die Proportionen nicht ins Stadtbild passen und der Turm zu groß dimensioniert sei. Die zuständige Planungsstadträtin, Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou legte daraufhin das Projekt im Juni überraschend auf Eis und verordnete eine Nachdenkpause. Am Dienstag wird sie das überarbeitete Projekt vorstellen. Dieses hat laut Bericht „die vom Fachbeirat eingebrachten Anforderungen und Anregungen weitestgehend berücksichtigt“. Dazu zählt auch eine Änderung der künftigen Eislauffläche des Wiener Eislaufvereins (WEV.) Der Fachbeirat hatte kritisiert, dass während der Eislaufsaison ein Teil der Lothringerstraße nicht mehr öffentlich nutzbar – da zur Eislauffläche verwandelt – sei. Die überarbeite Version sieht nun vor, dass der Gehweg der den Passanten und Zuschauern insgesamt zur Verfügung steht, künftig acht (statt bisher vier) Meter breit ist.

So wurde das Intercont ursprünglich geplant – viel zu hoch, befanden Kritiker. Das Projekt wurde eingestellt.
So wurde das Intercont ursprünglich geplant – viel zu hoch, befanden Kritiker. Das Projekt wurde eingestellt. Weinfeld und Murr, Nightnurse

Die Eislauffläche des WEV verringert sich dadurch um rund 200 Quadratmeter auf 6500 Quadratmeter. Auch der Durchgang beim Konzerthaus, den der Fachbeirat als zu schmal kritisiert hatte, wird breiter und ist laut dem überarbeiteten Entwurf an der schmalsten Stelle fünf, sonst 6,80 Meter breit. Außerhalb der Eislaufsaison soll das Heumarktareal wie geplant möglichst breit öffentlich genutzt werden können.

Neben dem Wohnturm ist ein weiteres mehrstöckiges Gebäude vorgesehen, das sogenannte Heumarktgebäude, in dem unter anderem Büros des Eislaufvereins unterkommen. Hier soll, so steht es im Bericht des Vermittlungsverfahren, die kulturelle Nutzung auf vier Etagen ausgebaut werden. So könnte auch die Universität für Musik und Kunst (MUK) hier einziehen, auch die Wiener Symphoniker sollen Interesse haben.

Unesco-Welterbe gerettet?

Ob die Änderungen der Heumarkt-Neugestaltung nun alle Kritiker verstummen lässt – darunter waren auch namhafte Architekturinstitutionen – wird sich weisen. Die überarbeiteten Pläne wurden jedenfalls mit Investor Wertinvest, der Stadtverwaltung und zahlreichen Experten erarbeitet. Offen ist freilich auch, ob die verringerte Höhe des Turms ausreicht, um die Kritik der Unesco – die die Stadt Wien im Frühling verwarnt hatte, da sie den Weltkulturerbe-Status der Innenstadt durch das Projekt gefährdet sieht – auszuräumen, wird sich ebenfalls erst weisen. Mit 63 Metern orientiert sich der Turm jedenfalls an der Höhe umliegender Gebäude.

Im Büro von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou wollte man dazu am Montag keine Stellungnahme abgeben. Auch bei der „Wertinvest“ hüllte man sich auf „Presse“-Anfrage in Schweigen und verwies auf die am Dienstag stattfindende Präsentation im Rathaus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13. Dezember 2016)

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