Tourismus in Wien: Die langsame Rückkehr der Russen

Neben deutschen und österreichischen Gästen kamen auch deutlich mehr Besucher aus Russland.
Neben deutschen und österreichischen Gästen kamen auch deutlich mehr Besucher aus Russland.Imago
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Die Zahl der Besucher aus Russland steigt erstmals wieder an. Insgesamt gab es in Wien ein deutliches Nächtigungsplus. Wiens Hoteliers sind aber trotzdem nicht zufrieden.

Wien. Im heurigen November hat Wien so viele Nächtigungen verzeichnet wie noch in keinem November davor: 1.134.000 Mal wurde in der Stadt genächtigt (gezählt werden nicht die Gäste, sondern die Zahl der Übernachtungen), das bedeutet ein Plus von 5,4 Prozent gegenüber dem November des Vorjahres, wie Wien Tourismus am Mittwoch bekannt gab. Auffallend dabei: Nicht nur die stärksten Märkte (siehe Grafik) sind gewachsen. Auch die Zahl der Nächtigungen russischer Gäste ist erstmals seit Langem wieder deutlich gestiegen – und zwar um 18 Prozent, verglichen mit November 2015.

1. Kehren die Russen nun nach zweieinhalb Jahren nach Wien zurück?

Die Hoffnung darauf lebt. Nachdem die russischen Touristen seit zweieinhalb Jahren nach der Ukraine-Krise, den EU-Sanktionen und einer massiven Rubel-Abwertung ausgeblieben sind, deuten die aktuellen Zahlen auf eine langsame Rückkehr der (kaufkräftigen und daher beliebten) russischen Besucher hin: Schon im Oktober wurde ein leichtes Plus bei den russischen Nächtigungen verzeichnet (plus sechs Prozent, 29.000 Nächtigungen). Im November ist das Wachstum nun sogar zweistellig (plus 18 Prozent auf 32.000 Nächtigungen).

Daraus lasse sich zwar noch kein Trend ablesen, sagt Wien-Tourismus-Sprecher Walter Straßer, „aber dass es sich zwei Monate in Folge in diese Richtung entwickelt, gibt Anlass zur Hoffnung“. Auch bei der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) ist man optimistisch: „Das ist ein deutliches Zeichen, dass sich der russische Markt erholen dürfte“, sagt Sprecher Martin Stanits. Auch vom Handel höre man, dass die Zahl der russischen Einkäufer wieder am Steigen sei.

2. Haben die Hoteliers angesichts der Steigerungen Grund zum Jubeln?

Nicht unbedingt. Die Nächtigungen in Wien sind zwar nicht nur im November, sondern im gesamten Jahr gestiegen (um 4,1 Prozent), allerdings ist der Netto-Nächtigungsumsatz von Jänner bis Oktober mit 606,3 Mio. Euro um 0,8 Prozent gegenüber 2015 zurückgegangen.

Es wurden also mehr Nächtigungen in der Stadt verzeichnet, die Hotels haben daran aber weniger verdient. Das dürfte, sagt ÖHV-Sprecher Stanits, vor allem daran liegen, dass sie ihre Zimmerpreise gesenkt haben dürften. Die Nachfrage nach günstigeren Zimmern sei hoch, viele Betriebe dürften ihre Preise angepasst haben. Die gehobenen Betriebe sind dabei aber nicht unbedingt die Verlierer. „Die Gäste denken immer weniger in Kategorien, sondern haben eine bestimmte Vorstellung vom Preis, nach dem sie gezielt suchen.“

Für viele Hoteliers ist das deutliche Nächtigungsplus also nicht unbedingt ein Grund zum Jubeln. Zum niedrigeren Nächtigungsumsatz komme, so Stanits, die im Mai erhöhte Mehrwertsteuer auf Logis und die laut Kollektivvertrag gestiegenen Löhne.

3. Wie wichtig ist der Wintertourismus für eine Großstadt wie Wien?

Sehr wichtig sogar. Österreich mag ein Wintersportland sein, längst aber sind November und Dezember für Wien bedeutende Monate. Vor 30 Jahren noch war das anders: 1986 gab es im November und Dezember zusammen gerade einmal 631.000 Nächtigungen, im Vorjahr waren es 2,36 Millionen. Das seit 30 Jahren stete Wachstum lässt sich laut Wien Tourismus auf eine Sache zurückführen: den Christkindlmarkt auf dem Rathausplatz, der erstmals 1986 stattfand. Auf ihn folgten weitere Weihnachtsmärkte, Wien Tourismus wirbt damit gezielt seit Jahren. Heute ist, sagt Straßer, Weihnachten nach dem Sommer die stärkste Saison, nach wie vor wachsen die Nächtigungszahlen im November und Dezember stärker als im Rest des Jahres. Die Vorweihnachtszeit habe sich also für Wiens Tourismus als wichtiger „Bringer“ etabliert.

Aber nicht nur. Wien ist auch über die Weihnachtsfeiertage und speziell zum Jahreswechsel (Silvesterpfad!) traditionell gut gebucht. Auch heuer: „Wir sind noch nicht komplett voll, aber die Auslastung dürfte bei 90 Prozent liegen“, sagt ÖHV-Sprecher Stanits.

4. Und wohin verreisen die Österreicher selbst?

Durchaus auch nach Wien, hier sind Nächtigungen von Österreichern nach jenen aus Deutschland der wichtigste Markt. Für die Österreicher wird allerdings der Sommerurlaub immer bedeutender, wie eine Auswertung der Statistik Austria ergab. Wurden 2007 im Sommer noch 5,89 Mio. Urlaubsreisen unternommen, waren es im heurigen Sommer schon 7,14 Millionen. Die Zahl der Kurzreisen und Urlaube im Ausland (Italien, Kroatien) stieg dabei deutlich an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2016)

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