Welterbe-Prädikat? "Man braucht das eigentlich nicht"

Das Rendering zeigt die Planung für die Neugestaltung des Wiener Heumarkt-Areals
Das Rendering zeigt die Planung für die Neugestaltung des Wiener Heumarkt-ArealsAPA/ISAY WEINFELD&SEBASTIAN MURR
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Die Unesco hat Wien wegen der Pläne für die Umgestaltung das Heumarkts verwarnt. Der scheidende AzW-Leiter, Dietmar Steiner, nimmt es gelassen.

Die Unesco hat Wien nach der jüngsten Präsentation der neuen Pläne für das Heumarkt-Areal verwarnt - und sogar die Aberkennung des Prädikats Weltkulturerbe in Aussicht gestellt. Der scheidende Leiter des Architekturzentrums Wien (AzW), Dietmar Steiner, bezweifelt, dass es im Match noch zu einem für beide Seiten akzeptablen Unentschieden kommt. Sein Schmerz darüber hält sich aber in Grenzen.

Seine Einstellung zum Welterbe-Prädikat war und ist eindeutig, wie er am Donnerstag bekräftigte: "Man braucht das eigentlich nicht. Ich lehne auch das Verfahren ab, wie es dazu kommt." Steiner hält es etwa für unangebracht, dass ein "privater Verein", die Icomos, hier maßgeblich sei. Das "International Council on Monuments and Sites", der Rat für Denkmalpflege, steht in Fragen des Weltkulturerbes der Unesco beratend zur Seite. Die Unesco trete als eine Art übergeordneter Baubehörde auf, kritisiert Steiner, der am 31. Dezember 65. Geburtstag feiert. Das man sich um das Prädikat einst beworben hat, dürfte, so vermutet Steiner, aus "politischer Ahnungslosigkeit" geschehen sein: "Man hat gedacht, man kriegt halt noch eine Auszeichnung, vergleichbar mit dem Spitzenplatz bei der Lebensqualität."

"Kann mir nicht vorstellen, dass es zu einer Lösung kommt"

Dass sich die Causa nun offenbar zuspitzt, war jedoch auch für den AzW-Leiter (der seinen Posten Anfang 2017 an Angelika Fitz übergibt, Anm.) überraschend, wie er zugibt: "Weil die Pläne wurden ja über den Sommer überarbeitet." Er sei schon davon ausgegangen, dass man mit der Unesco reden wird - nämlich bevor man das adaptierte Projekt präsentiert. Letzteres ist kürzlich geschehen, wobei sämtliche Beteiligten, also Unternehmer Michael Tojner ("Wertinvest"), Vertreter von Eislaufverein und Konzerthaus sowie Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) zugegen waren.

Dem großen Auftritt folgte die Ernüchterung durch die rot-weiß-rote Unesco-Kommission. Nun sei die Situation verfahren: "Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass es noch zu einer Lösung kommt." Die Unesco habe sich mit ihrer Kritik eingebunkert - was laut Steiner insofern auch interessant ist, da die österreichische Kommission damit der nächsten Sitzung des Welterbekomitees (im kommenden Jahr in Krakau, Anm.) vorgegriffen hat. Derzeit laute die Devise offenbar jedenfalls "entweder-oder", befindet er. Es sehe nicht danach aus, dass die Unesco einem Kompromiss zustimmen würde. Dass jetzt trotz der eindeutigen Vorgaben der Unesco - die für das geplante Hochhaus höchstens 43 Meter erlaubt - die Pläne noch einmal überarbeitet werden, hält Steiner aber ohnehin für nicht wahrscheinlich und auch nicht für sinnvoll: "Das alles wieder infrage zu stellen, halte ich für völlig absurd." Immerhin hätte auch der Fachbeirat für Architektur und Stadtgestaltung letztendlich grünes Licht gegeben.

Steiner findet Turmbau am Heumarkt sehr gelungen

Steiner macht auch keinen Hehl daraus, dass er den Turmbau am Heumarkt - samt umfangreicher Neugestaltung des Bereichs zwischen Hotel Intercontinental und Konzerthaus - architektonisch und städtebaulich für sehr gelungen hält. Die Höhe des Wohnhochhauses, das rund 66 Meter in den Himmel wachsen soll, stört ihn nicht. In der Innenstadt werde schon seit längerem hoch gebaut, gibt er zu bedenken - mit Verweis etwa auf Wiens erstes, 1932 errichtetes Hochhaus in der Herrengasse.

Beim Heumarkt-Areal sei der Prozess transparent verlaufen und die Lösung äußerst stimmig. Die unbefriedigende räumliche Situation dort werde verbessert. "Es wurden auch alle Zahlen auf den Tisch gelegt, was sonst bei Großbauprojekten in Wien nicht immer der Fall ist", lobt Steiner den Bauherrn. Auch gebe es kaum ein Projekt, bei dem die öffentliche Nutzung derart große Bedeutung habe: "Da jetzt von Spekulation zu reden, ist nicht angebracht." Auch entspreche die vorgesehene Bruttogeschoßfläche jener der derzeit bereits gewidmeten.

Er wolle zwar keine politischen Tipps geben, versichert der AzW-Direktor - aber falls das Prädikat Weltkulturerbe tatsächlich wieder entzogen wird, dann sollte die Stadt sich nicht groß rechtfertigen. Es würde seines Erachtens reichen, zu sagen: "Wir haben uns nicht einigen können."

(Gerald Mackinger/APA)

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