Wien Museum Neu: Spatenstich heuer "nicht wirklich" denkbar

Archivbild: Museumschef Matti Bunzl
Archivbild: Museumschef Matti Bunzl (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Der für 2017 avisierte Start des großen Umbaus wird sich wohl verzögern. Museumschef Bunzl hat jedenfalls für 2018 eine große Otto-Wagner-Schau geplant - noch vor dem Großumbaus stattfinden muss.

Der Baubeginn für das Wien Museum Neu ist zuletzt für das heurige Jahr avisiert worden. Ob der Plan hält, dürfte aber nicht so fix sein. "Einen Spatenstich 2017 kann ich mir nicht wirklich vorstellen", sagt Museumschef Matti Bunzl im Interview mit der Austria Presseagentur: "Wir rechnen damit, dass wir das Haus noch längere Zeit bespielen können." Insofern plant Bunzl für 2018 eine große Otto-Wagner-Schau - im Haupthaus.

Was den projektierten Erweiterungsbau betrifft, verweist Bunzl auf den "komplexen Prozess", der sich aus der Aufstockung des denkmalgeschützten Haerdtl-Quaders ergibt. Derzeit laufe die Flächenwidmung, gleichzeitig sitzen Architektenteam und Museumsleitung zusammen, um über Details zu brüten: "Wie viele Lifte wird es geben? Wo werden Toiletten und Garderobe sein? Wie funktionieren die verschiedenen Ausstellungsräume? Das ist pitzelig, aber was das Museum alles können muss, ist natürlich in seiner Architektur verankert."

"Kein wirklich konkretes Datum"

Wann soll es nun losgehen? "Es gibt kein wirklich konkretes Datum", räumt Bunzl ein. Sein Wunsch: "Sobald wie möglich." Die Vorarbeiten müssten aber ordentlich erledigt sein, denn eine "zweite Elbphilharmonie" wolle er keinesfalls. "Also natürlich will ich ein geniales Gebäude. Aber ich will nicht ein geniales Gebäude, dessen Kosten dann zigfach so hoch sind wie geplant und dessen Eröffnung Jahre später als gedacht erfolgt", erklärt der Hausherr.

Die Zeit drängt aber insofern, als das 1959 eröffnete Gebäude für einen modernen Museumsbetrieb nicht nur aus allen Nähten platzt, sondern seit Jahren renovierungsbedürftig ist. Allein schon deshalb wäre eine "unendliche Verzögerung" nicht tragbar: "Eine Renovierung wird kommen müssen." Wann spätestens? "Also ich kann jetzt nicht sagen: Das Haus fällt am 17. Oktober 2017 zusammen. Das wäre unseriös. Aber alle Beteiligten wissen ganz genau: Das Gebäude ist sanierungsbedürftig, das muss passieren. Das Haus bespielbar zu halten, kostet mittlerweile sehr sehr viel, weil immer wieder kleine Sachen geflickt werden müssen."

Und die Geldsituation sei überhaupt angespannt, verwies Bunzl auf das Fehlen einer Budgetindexierung seitens der Stadt bei gleichzeitig steigenden Gehältern. Gefragt, ob man - um den Qualitätslevel zu halten - etwa bei der Anzahl der Wechselausstellungen kürzen müsse, sagt der Direktor: "Genau das sind die Überlegungen. Wir sind jetzt bei fünf pro Jahr - es waren vor nicht allzu langer Zeit noch sechs, sieben oder acht."

Einen Appell an die Stadt, beim Neubau aufs Gas zu steigen, will Bunzl aber nicht richten. Das sei nicht nötig: "Ich glaube, im Rathaus wird das als fundamental zentrales Projekt der Stadt gesehen." Die Frage, ob das neue Museum wie avisiert noch 2020 und somit innerhalb seiner ersten Direktionsperiode - sie läuft bis Herbst 2020 - eröffnen wird, lässt der Chef offen. Aber: "Ich könnte sehr sehr gut damit leben, wenn es nicht der Fall ist. Mein Job ist es, dieses Projekt und das Museum mit bestem Wissen und Gewissen zu führen."

Otto-Wagner-Ausstellung 2018 - wohl vor Umbau

Dass es ganz so schnell nicht gehen wird, dafür spricht auch Bunzls Plan, im Jahr 2018 eine große Otto-Wagner-Ausstellung zu machen - und zwar im Stammhaus. Diese muss dann folglich noch vor der Schließzeit während des Großumbaus stattfinden. Anlass ist das 100. Todesjahr des bekannten Architekten, dem - laut Bunzl - "Erschaffer des modernen Wien in jeder Beziehung". Die bis dato letzte Wagner-Schau habe es 1962 gegeben: "Seitdem hat es irrsinnig viel Forschung gegeben."

Aber auch für die Zeit nach der Umgestaltung des Karlsplatz-Gebäudes hat der Direktor schon Pläne - etwa für die Neugestaltung der Dauerausstellung. Sie soll über den gesamten jetzigen Bau verteilt und chronologisch aufgebaut sein. "Es beginnt im Erdgeschoß und geht über den ersten und zweiten Stock in Richtung Gegenwart". Vorgesehen sind sechs bis acht Kapitel bzw. Periodenabschnitte. Der konkrete Aufbau sei noch in Arbeit. Denkbar sei etwa, dass man bereits mit dem römischen Legionslager "Vindobona" beginnt oder erst mit der Stadtwerdung und dieser eine Art Prolog über die Zeit davor voranstellt. Wie weit man in die Gegenwart gehen will, ist ebenfalls noch offen. "Das 20. Jahrhundert wird jedenfalls eine extrem prominente Rolle spielen", verspricht der Chef. Ob man mit einem "fundamentalen" Datum wie 1989 (Ende des Eisernen Vorhangs) oder 1995 (EU-Beitritt Österreichs) aufhört oder die Schau ganz aktuell enden lässt, wird noch diskutiert.

Im geplanten neuen Dachaufbau werden jedenfalls die Dauerausstellungen stattfinden. Das darunterliegende vollverglaste Zwischengeschoß wird für ein Cafe und Veranstaltungen nutzbar sein.

In der Umbauphase, in der das Museum gesperrt wird, will Bunzl in die Bezirke gehen: "Wir denken an eine fünfteilige Ausstellung an neuralgischen Punkten der Stadt." Die Schließzeit sei ja eine "Möglichkeit für Experimente". Wird die Baustelle selbst auch bespielt werden? "Wir haben uns viele Museen angeschaut, was die gemacht haben. Da gibt es ganz tolle Beispiele. Aber ich sage es ganz offen: Das wird auch eine Kostenfrage."

Über 2016 - das erstes volle Amtsjahr des im Oktober 2015 angetretenen Direktors - kann Bunzl jedenfalls ein zufriedenes Resümee ziehen. Die Besucherzahlen liegen laut Statistik bei knapp über einer halben Million Besuchern, wobei hier die diversen Dependancen auch mitgezählt werden. Man habe erstmals die 500.000er-Marke durchbrochen, freut sich der Chef. Im Karlsplatz-Bau selbst begrüßte man rund 162.000 Gäste. Grund für den Zuwachs ist sicher auch die noch bis 22. Jänner laufende Sex-Ausstellung. Sie wird die bisher erfolgreichste Schau des Stammhauses werden.

(Thomas Rieder/APA)

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