Karlsplatz: Alles zurück auf null?

Wird das Versicherungsgebäude neben der Kirche wie geplant aufgestockt, so würde es laut den aktuellen Entwürfen dann so aussehen.
Wird das Versicherungsgebäude neben der Kirche wie geplant aufgestockt, so würde es laut den aktuellen Entwürfen dann so aussehen. Rendering/Zurich Versicherung
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Bürgermeister Häupl schlägt vor, die Stadt könne den Winterthur-Bau kaufen und fürs Wien-Museum nutzen. Ein später Vorstoß, der auch Parteigenossen irritiert– schließlich sind die Pläne für den Karlsplatz weit fortgeschritten.

Wien. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat offenbar alle überrascht: Der Koalitionspartner ist „nicht amüsiert“, Parteigenossen wirken überrumpelt, und auch die Partner im Projekt Karlsplatz neu, Wien-Museum und Zurich Versicherung, haben von der neuen Gangart, die Bürgermeister Michael Häupl am Wochenende via Zeitung „Österreich“ vorgegeben hat, zuvor offenbar nie gehört: Häupl schlägt ein „völlig neues Projekt“ vor. Die Stadt könnte den Winterthur-Bau neben der Kirche kaufen und diese Fläche dem Wien-Museum zur Verfügung stellen. Würde die Stadt den Grund ablösen, könnte man das Museum so erweitern, wie es ohnehin eigentlich notwendig wäre, wird er zitiert.

Dieser Vorstoß bringt eine neue Dimension in eine lange Debatte: Die Zurich-Versicherung, der das Gebäude aktuell gehört, will dieses, als Reaktion auf den geplanten Dachausbau des Wien-Museums, ebenfalls aufstocken. Das 1971 errichtete Haus solle saniert und um zwei Etagen und ein Staffelgeschoß aufgestockt werden. Ein Plan, der massenhaft Kritik einer Bürgerinitiative, der FPÖ, der ÖVP Wieden und einer prominente Gruppe um u. a. Künstler Erwin Wurm hervorgerufen hat. Man fürchte um das Erscheinungsbild der barocken Karlskirche.

Irritation über späte Idee

Vom Vorschlag eines völligen Neustarts wirken nun trotz der langen Debatte viele überrumpelt. Schließlich ist das Projekt Wien-Museum neu weit fortgeschritten, derzeit läuft das Flächenwidmungsverfahren. Im Büro von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) zeigt man sich folglich nicht begeistert. Eine Übernahme des Gebäudes würde „neue Spielräume“ eröffnen – die hätte man nutzen können, wäre der Vorstoß zum richtigen Zeitpunkt gekommen, nämlich zu Beginn. Das hätte auch keine finanziellen Implikationen gehabt. Nun seien aber sowohl beim Kulturressort wie bei der Zurich hohe Wettbewerbs- und Planungskosten angefallen. Und: Man gehe davon aus, dass der Vorstoß u. a. mit Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) und der Versicherung abgesprochen und auch die Finanzierung gewährleistet sei, heißt es weiter aus Vassilakous Büro.

(c) Die Presse

Das ist fraglich, denn im Büro Mailath-Pokorny zeigte man sich zurückhaltend: Aus Sicht des Kulturressorts gehe es vorrangig um die Umsetzung des Wien-Museums neu. Eine Freistellung des Museums wäre wünschenswert. Ob und wie das möglich sei, das könne man nicht beurteilen – das sei auch nicht Aufgabe des Ressorts. Aus dem Ressort Brauner, das den Kauf finanzieren müsste, heißt es schlicht: Kein Kommentar.

Auch den übrigen Beteiligten sind diese Pläne neu: „Seit ich in das Projekt Wien-Museum neu involviert bin, also seit 2,5 Jahren, stand diese Option nicht zur Diskussion. Wir arbeiten intensiv an der Realisierung des neuen Museums und sind offen für jeden Input, von dem das Projekt profitieren kann“, heißt es von Wien-Museum-Direktor Matti Bunzl. Die Planungen für die Erweiterung des Wien-Museums laufen seit Jahren, das Siegerprojekt wurde bereits in einem Architekturwettbewerb gekürt. Ein zuvor für 2017 anvisierter Baubeginn dürfte aber nicht halten, hieß es im Jänner. Ähnlich verhalten die Reaktion der Zurich: Es habe bis dato weder Gespräche über ein Kaufangebot der Stadt Wien noch ein Kaufangebot gegeben. „Wir stehen zu dem Ergebnis des Architekturwettbewerbes, der darauf basierenden Planung und dem bereits laufenden Verfahren.“

Klingt, als sei es für einen Neustart zu spät. Im Büro Häupl wird der späte Vorstoß damit erklärt, dass dem Bürgermeister ein Projekt „aus einem Guss“ ein Anliegen sei. Auch wenn man dafür „etwas Mutiges“ machen müsste. Es sei aber nicht so, dass ein Kauf des Winterthur-Gebäudes fix geplant sei oder so realisiert würde.

Freunde gemacht hat sich Häupl jedenfalls in der Opposition: Die FPÖ spricht von einem „gangbaren Weg“, schließlich sei man seit jeher „gegen das Glasmonster“. Ähnlich forderte auch die ÖVP Wieden nun ein „völlig neues Gesamtkonzept“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2017)

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