Häupl kann sich Alkoholverbot an Wiener Bahnhöfen vorstellen

Archivbild: Der Wiener Praterstern
Archivbild: Der Wiener PratersternClemens Fabry / Die Presse
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Eine Entscheidung soll im Sommer fallen, sagt Wiens Bürgermeister. Drogenkoordinator Dressel fordert hingegen, dass an Betrunkene kein Alkohol verkauft wird - und kritisiert ÖBB und Rewe.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kann sich ein - derzeit wieder heftig diskutiertes - Alkoholverbot an Wiener Bahnhöfen durchaus vorstellen. Man werde das jetzt ordentlich diskutieren, sagte er am Dienstag am Rande seiner wöchentlichen Pressekonferenz. Eine Entscheidung soll es noch im heurigen Sommer geben, kündigte der Stadtchef auf Nachfrage von Journalisten an.

"Ich halte es für durchaus sinnvoll und richtig, dass man darüber neuerlich eine Diskussion beginnt. Denn das Argument, dass damit ein Verdrängungsprozess einsetzt, halte ich für nicht tauglich", meinte der Bürgermeister. Häupl verwies auf einen entsprechenden Feldversuch in Dornbirn. Man werde die Ergebnisse in die Entscheidung in Wien miteinbeziehen. Die ÖBB hatten bereits vor Tagen wissen lassen, dass man sich in Sachen Alkoholverbot nach den Wünschen der Stadtregierung orientieren werde.

Drogenkoordinator gegen Verbot

Häupl widerspricht nun auch dem städtischen Drogenkoordinator Michael Dressel. Dieser hatte sich zuvor gegen ein Alkoholverbot am Praterstern ausgesprochen. Er fordert jedoch, dass der Supermarkt im Bahnhof keinen Alkohol an offensichtlich Betrunkene mehr verkauft und wirft den österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und der Handelsgruppe Rewe vor, diese Lösung aus Geschäftsinteressen abzulehnen.

"Die Verfügbarkeit von Alkohol ist dort groß. Man darf sich dann nicht wundern, wenn die Leute sich damit eindecken", sagt Dressel im Gespräch mit der Austria Presseagentur. "Die ÖBB sagen jetzt, die Stadt Wien soll das Problem lösen. Was die ÖBB aber tut, ist an den Verträgen zu verdienen, die sie mit den Gewerbetreibenden dort haben - allen voran dem Rewe-Konzern (er betreibt den Billa-Supermarkt im Bahnhof; Anm.) -, die sich weigern, freiwillig darauf zu verzichten, dort Alkohol zu verkaufen", kritisierte Dressel. "Eigentlich müsste das Gleiche wie in der Gastronomie gelten: Ein Wirt darf an Alkoholisierte gar keinen Alkohol mehr ausschenken. Aber der Billa darf ihn verkaufen. Das ist ein Missverhältnis."

Alkoholverbot würde Problem verlagern

Ein Alkoholkonsumverbot lehnt Dressel dagegen ab. "Ich glaube, dass ein Alkoholverbot nicht wirklich etwas bringt", meinte er. Damit würde sich das Problem lediglich auf die andere Straßenseite oder auf die Kaiserwiese im Prater verlagern. Auch die Kontrolle des Verbots sieht er kritisch: "Wenn man der Meinung ist, dass man zu viel Polizeiressourcen hat, kann man das natürlich machen. Sinnvoll ist das keinesfalls."

Die Situation in Bezug auf die Drogenszene in Wien beurteilt Dressel positiv. "Ich bin insgesamt sehr zufrieden mit der Situation, wenngleich wir uns natürlich nicht zurücklehnen können", meint er. Ein "wesentlicher Faktor" sei, dass es gelungen sei, viele Drogenabhängige in Substitutionsbehandlung zu bringen. An ehemaligen Hotspots wie dem Karlsplatz gebe es keine Drogenszene mehr. "Natürlich werden wie in jeder Millionenstadt da und dort im öffentlichen Raum noch Drogen gehandelt, aber es gibt de facto keine Aufenthaltsszenen mehr", so Dressel.

Weniger Drogenabhängige

Die Zahl der Drogenabhängigen in Wien ist rückläufig. Gab es 2010 noch 14.700 Personen mit risikoreichem Opiatkonsum, so waren es 2015 rund 1.000 Personen weniger. Die Anzahl der Personen in Substitutionsbehandlung ist dagegen stark gestiegen, von 4.932 im Jahr 2005 auf 8.297 Menschen 2015. Deutlich gesunken ist die Zahl der Jüngeren - immer weniger Menschen steigen in den Opiatkonsum ein. "Wir haben in Wien praktisch keine unter 18-Jährigen mehr in Substitutionstherapie", sagt Dressel.

Aktuelle Herausforderungen sieht der Wiener Drogenkoordinator in neuen psychoaktiven Substanzen, sogenannten Partydrogen, sowie dem Handel dieser Drogen im Internet: "Hier gibt es eine steigende Tendenz." Das Wichtigste sei, potenziellen Konsumenten das Risiko bewusst zu machen. "Da ist weniger die Suchtgefahr vorhanden - die natürlich auch besteht -, sondern mehr die Gefahr der akuten Intoxikation."

Wenig Entlastung durch neues Suchthilfezentrum 

"Unter den Erwartungen" blieb bisher das Suchthilfezentrum in Alsergrund, das 2014 eröffnet wurde, um die Einrichtung "jedmayer" am Gumpendorfer Gürtel zu entlasten. 100 Klienten pro Tag wurden im Vorfeld erwartet, derzeit sind es durchschnittlich nur rund 50. "Es hat zu einer Entlastung geführt, aber es könnte noch ein bisschen mehr sein", räumte Dressel ein. "Ich gehe davon aus, dass das noch steigen wird, es braucht eine Anlaufzeit", meinte er. "Sinnlos" sei die Maßnahme jedenfalls nicht gewesen: "Dezentralisierung ist notwendig."

Sorge, dass das Suchthilfezentrum aus dem Haus in der Nußdorfer Straße wieder ausziehen muss, hat Dressel nicht. "Das Gericht wird das entscheiden und wir sehen der Entscheidung gelassen entgegen", sagt er. 14 Wohnungseigentümer in jenem Gebäude, in dem die Einrichtung untergebracht ist, hatten eine zivilrechtliche Klage eingebracht. Sie vertreten die Meinung, dass das Suchthilfezentrum der eigentlichen Widmung als Geschäftslokal nicht entspreche. Die Verwendung der Flächen als Drogenzentrum hätte demnach mit den Eigentümern abgesprochen werden müssen. Wann es eine Entscheidung geben wird, ist unklar. Der letzte Verhandlungstermin war im Juni, seither wurde noch kein neuer Termin angesetzt.

(Vera Bandion/APA)

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