Neues Gericht: Singen mit „Wolfgang dem Stifter“

Justizminister Wolfgang Brandstetter bei Besichtigung des neuen Gerichts.
Justizminister Wolfgang Brandstetter bei Besichtigung des neuen Gerichts.Foto: Jenis / Die Presse
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Neues Gericht. In einem Bundesgebäude im 9. Bezirk, dort wo einst Hörsäle der Wirtschaftsuni untergebracht waren und dann Flüchtlinge einzogen, ist nun das Arbeitsgericht untergebracht.

Wien. Hoher Besuch und die Frau Präsidentin ist dementsprechend hoch erfreut. Montagvormittag, Wien-Alsergrund, Althanstraße 39 bis 45: Justizminister Wolfgang Brandstetter besichtigt ein fertiggestelltes Gerichtsgebäude, von dem er fast verschämt sagt: „Das war wirklich meine Idee!“

Davor wird er von Gerichtspräsidentin Olga Stürzenbecher-Vouk über den grünen Klee gelobt: „Mit Recht kann ich von Ihnen als von ,Wolfgang dem Stifter‘ sprechen“, sagt sie. Szenen einer (inoffiziellen) Eröffnung. Das Arbeits- und Sozialgericht (ASG), das einzige seiner Art in Österreich, hat also eine neue Heimstätte.

Dort, wo zuletzt die aus allen Nähten platzende Wirtschaftsuni (WU) Hörsäle hatte (seit 2013 befindet sich der WU-Campus im 2. Bezirk) – dort, wo nach der WU ein paar Monate Asylwerber untergebracht waren, arbeiten mittlerweile 42 Arbeitsrichter. Seit Mitte Jänner tun sie dies im Vollbetrieb. Insgesamt – Kanzleikräfte und sonstiges Personal eingerechnet – sind hundert Personen in dem der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gehörenden, 1992 errichteten Gebäude untergebracht. 12.700 Quadratmeter stehen neuerdings zur Verfügung. 31 Verhandlungssäle und ein Servicecenter für rechtssuchende Bürger wurden errichtet.

Der Umbau zum Gerichtsgebäude hat zwölf Millionen Euro gekostet. Geld, das freilich nicht von „Wolfgang dem Stifter“ kam, sondern – wie sich dieser anzumerken beeilt – natürlich „von den Steuerzahlern“. Apropos Geld: In Anspielung an Provisionen, die etwa beim Umzug des Handelsgerichts vom 1. Bezirk, Riemergasse, in den City Tower im 3. Bezirk geflossen sind, versichert der Minister nun: „Diesmal sind keinerlei Provisionen geflossen.“

Zur Erinnerung: Im Zusammenhang mit der Wanderung des Handelsgerichts ins Justizzentrum Wien-Mitte hat es sogar Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaf gegeben. Diese wurden aber eingestellt.

Einmal verfällt Brandstetter kurz in die Sprache der Politik-PR („Der neue Standort ist ein ökonomisch höchst sinnvoller weiterer wichtiger Schritt in Richtung moderne und serviceorientierte Justiz“), um dann in launigen Worten daran zu erinnern, dass dieses Gebäude vor seiner Ministerschaft sein Arbeitsplatz war – als Professor für Wirtschaftsstrafrecht sei er genau hier tätig gewesen.

Einer der neuen Verhandlungssäle des Arbeits- und Sozialgerichts in der Althanstraße im 9. Bezirk.
Einer der neuen Verhandlungssäle des Arbeits- und Sozialgerichts in der Althanstraße im 9. Bezirk.Jenis / Die Presse

Minister und Wienerlieder

Ja, er erinnere sich noch gern an die Gegend, sinniert der Minister in einer auch aus Journalisten bestehenden Runde, ehe er sich eine an die Umgebung erinnernde Zeile eines alten Wienerlieds ins Gedächtnis ruft und zitiert: „Ja mir san halt Lichtentaler, trinken gern a Glaserl Wein.“ Darauf die Präsidentin in Vorfreude auf die noch bevorstehende offizielle Eröffnung des neuen Gerichtsgebäudes: „Wir werden gemeinsam singen.“
Die Übersiedlung des ASG war bitte nötig. Sein letzter Standort in der Wickenburggasse im 8. Bezirk war schon deshalb ungeeignet, da nicht alle Verhandlungssäle behindertgerecht gebaut waren. Dies war für ein Gericht, in dem es unter anderem um die Feststellung von Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeits-Pensionen geht, freilich besonders unangebracht.

Auch sonst war das bisherige Gebäude alles andere als ein Schmuckstück, drastisches Beispiel laut ASG-Präsidentin Stürzenbecher-Vouk: „Unsere Praktikanten waren früher in einem wirklich sehr düsteren Raum im Keller untergebracht.“
Wie auch immer – das ASG führt im Jahr um die 16.000 Verhandlung. Im wesentlichen werden von den Richtersenaten Arbeitsrechts- und Sozialrechtsklagen behandelt. Etwa 40 Prozent aller Arbeitsrechtsklagen Österreichs fallen beim ASG Wien an.

Typische Rechtsstreitigkeiten drehen sich also zum Beispiel um Pflegegeldansprüche, Auflösung von Dienstverhältnissen oder etwa um Zuteilung von Dienstnehmern zu bestimmten Kollektivverträgen. Ebendiese Prozesse werden in allen anderen Bundesländern von Spezialabteilungen der Zivilgerichte geführt.

„ASG alt“ als Ausweichquartier

Während also das ASG über ein neues Quartier verfügt, sieht das größte Strafgericht Österreichs, das Wiener Straflandesgericht in der Josefstadt, einer notwendigen Renovierung noch entgegen. Insofern soll das alte ASG-Gebäude auch weiterhin der Justiz zur Verfügung stehen – nämlich als Ausweichquartier für die Zeit der Straflandesgerichts-Renovierung.

Neubesiedelung

Das der Bundesimmobiliengesellschaft, BIG, gehörende Gebäude Althanstraße 39 - 45 wurde um zwölf Millionen Euro für das Arbeits- und Sozialgericht adaptiert. In 31 Verhandlungssälen kann seit Mitte Jänner um arbeitsrechtliche Ansprüche, etwa in Folge von Kündigungen oder Entlassungen, gestritten werden. 42 Richter haben damit eine neue Wirkungsstätte. Das alte ASG-Gebäude in Wien-Josefstadt wird bis auf weiteres als Justiz-Ausweichquartier genutzt.

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