Die Wiener mögen ihre Touristen

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Die wachsende Zahl der Wien-Besucher stört die meisten Bewohner einer Befragung zufolge nicht: Ja, der Wiener fühlt sich den Touristen gar zur Gastfreundlichkeit verpflichtet.

Wien. Der Wiener vermag mitunter doch noch zu überraschen. Manchmal scheint er zum Beispiel gar nicht den Klischees zu entsprechen, die man über ihn gefällt hat. Von wegen grantelnder Zeitgenosse, der Mitmenschen, insbesondere fremden, nicht übertrieben positiv begegnet.

Für die vielen Touristen, die Wien jedes Jahr besuchen, gilt das nämlich nicht: Die Liebe ist offenbar eine wechselseitige. Nicht nur die Wien-Besucher schätzen die Stadt, die Wiener selbst mögen umgekehrt auch die Touristen. Laut einer Umfrage, die Wien Tourismus durchführen ließ, mögen sie sie sogar sehr.

82 Prozent der Wiener fühlen sich der von market Marktforschung durchgeführten Befragung zufolge nicht von Touristen im Alltag gestört. Das trifft sich gut, immerhin könnte man auch wenig daran ändern, dass sie kommen – und immer mehr werden: 14,96 Millionen Nächtigungen verzeichnete Wien Tourismus im vergangenen Jahr, das ist um ein Viertel mehr als vor fünf Jahren. 2020 will Wien Tourismus gar 18 Millionen Nächtigungen im Jahr erreichen.

Tourismusdirektor Norbert Kettner kommen die in der Umfrage ermittelnden Sympathien der Wiener für ihre Gäste natürlich argumentativ sehr entgegen. Denn 82 Prozent der Befragten sind sogar stolz darauf, dass Wien als attraktive Urlaubsdestination gilt, und das, obwohl man den Wienern sonst pauschal doch eher das Sudern über die Zustände in der eigenen Stadt unterstellt.

Weiters stimmen 40 Prozent der Wiener der Aussage, wonach Wien von Touristen bereits überlaufen sei, nicht zu. Und zwar unabhängig davon, ob die Befragten in den stark frequentierten innerstädtischen Bezirken wohnen oder nicht. Jeder vierte Befragte (26 Prozent) wiederum empfindet die Stadt als überlaufen, der Rest äußerte sich nicht dazu.

Subjektiv betrachtet scheint Wien an einigen einschlägigen Orten wie dem Schloss Schönbrunn oder dem Stephansplatz zwar durchaus überrannt, objektiv und im internationalen Vergleich gesehen hat Wien aber keine außerordentliche Last an Gästen zu tragen: Auf einen Einwohner kommen pro Jahr rund acht (7,95) Nächtigungen, damit liegt Wien – siehe Grafik – im Vergleich der zehn nächtigungsstärksten europäischen Städte nur auf Rang acht. In Barcelona, wo viele Einwohner über die Touristenmassen klagen, sind es deutlich mehr, nämlich elf Nächtigungen pro Jahr und Einwohner, in Lissabon gar 18. (London und Paris spielen laut Wien Tourismus allerdings „in einer eigenen Liga“ und sind in dieser Berechnung daher gar nicht erst dabei.)

Damit die zunehmende Zahl an Touristen nicht als unangenehm empfunden wird – nur 12 Prozent der Wiener fühlen sich ob der Gäste „nicht mehr richtig zu Hause“ – sollen auch weiterhin Attraktionen außerhalb des touristischen Zentrums forciert werden. Diese Strategie von Wien Tourismus wird auch von den Wienern (66 Prozent) selbst unterstützt.

Nicht einmal jeder zehnte Wiener (konkret acht Prozent) gab an, den Kontakt mit Touristen als „eher unangenehm“ zu empfinden – 61 Prozent fühlen sich den Besuchern gegenüber gar zur Gastfreundschaft verpflichtet. (Solange sie, könnte man anmerken, nicht in der U-Bahn den Weg nach draußen verstellen oder ahnungslos auf der Rolltreppe links stehen.)

Kein Problem mit Airbnb

Vielleicht liegt die mehrheitlich positive Einstellung den Touristen gegenüber auch daran, dass die meisten Wiener (89 Prozent) diese als wichtigen Wirtschaftsfaktor erkannt haben. 67 Prozent finden, dass der Tourismus zum Wohlstand der Stadt beiträgt.

Ziemlich entspannt gehen die Wiener auch mit der Vermietung von Privatwohnungen an Touristen – wie über die Plattform Airbnb – um: 59 Prozent fühlen sich dadurch nicht gestört. Kettner wiederum möchte – so das juristisch möglich ist – das private Vermieten von Wohnungen an Touristen „nur noch für einen beschränkten Zeitraum ermöglichen“ – ähnlich wie es bereits in Amsterdam und London der Fall sei. (mpm)

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