Häupl sucht neue Parteimitglieder

Michael Häupl
Michael Häupl APA/HANS KLAUS TECHT
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Die Wiener SPÖ soll größer, schlanker und offener werden. Um Mitglieder zu gewinnen, werden drei wienweite Sektionen eingeführt – andere werden dafür geschlossen.

Wien. Die Struktur der Wiener SPÖ mit ihren Hunderten Sektionslokalen ist derzeit auf rund 300.000 Mitglieder ausgelegt. Das ist allerdings eine Zahl, von der die Partei nur träumen kann, denn es ist der Stand aus den 50er-Jahren. Mittlerweile hat die Wiener SPÖ nur mehr 45.000 zahlende Mitglieder. Die Partei braucht dringend eine Reform, um zu einer groß gewachsenen, schlanken Form zu kommen. Bürgermeister und SPÖ-Wien-Parteivorstand Michael Häupl startete diesen Prozess vor einem Jahr, indem er Arbeitsgruppen einrichtete. Am Donnerstag wurden erste Maßnahmen präsentiert.

Eines der primären Ziele ist, den Apparat so zu verschlanken, dass die anderswo benötigten finanziellen Ressourcen mobil gemacht werden können. Die vielen, teils nur sehr wenig genutzten Sektionslokale, sind der Partei ein Klotz am Bein: „Ich habe nichts von Hinterhofsektionen, die keiner kennt, keiner sieht und in die sich keiner hineintraut“, sagt Häupl. Eine moderne Partei müsse ein strukturelles Angebot für den Dialog mit Interessierten haben. „Wir wollen sichtbar, offen und zugänglich sein – darum kann ich mir etwa Grätzelstützpunkte, wo Interessierte sich hinwenden können, gut vorstellen.“ Pläne, wie diese räumlich im Detail umgesetzt werden können, sollen bis zum Sommer erarbeitet werden.

Mehr Eintritte als Austritte

Generell will die Partei politisch Interessierten ein niederschwelliges Kennenlernen ermöglichen, sie einbinden, um sie im Idealfall später als zahlende Mitglieder zu gewinnen. Momentan verzeichnet die Wiener SPÖ zwar mehr Eintritte als Austritte – die Sterbefälle kann sie allerdings nicht kompensieren. 2016 konnte die Partei 1126 neue Mitglieder gewinnen, verlor aber 1083 durch Austritte – und 761 Personen starben.

Einen ersten Schritt in Sachen Parteiöffnung hat die Bundespartei schon getan. Es gibt seit Kurzem „Gastmitgliedschaften“, die etwa mit einem Probeabo vergleichbar sind: Man muss ein Jahr lang keine Mitgliedsbeiträge bezahlen, darf aber an allen Aktivitäten teilnehmen – nur das Stimmrecht entfällt. In Wien gibt es derzeit rund 100 solcher Parteigäste.

Neben der Öffnung der bestehenden Sektionen soll es künftig drei neue, wienweite Themensektionen geben, wo sich jeder Interessierte einbringen kann. Eine davon, die Initiative Vielfalt, soll sich mit den Fragen der Integration, Diversität und des Zusammenlebens in Wien beschäftigen, um dem Rechtsruck in Europa vorzubeugen. Einerseits soll sie ein Plädoyer für ein säkulares Gesellschaftsleben sein und junge Menschen aus unterschiedlichen Kulturen für politische Partizipation und Mitgestaltung begeistern. Andererseits soll die Initiative aber auch Raum bieten, um Probleme und Ängste besprechen zu können. Eine Auftaktveranstaltung unter der Schirmherrschaft des Integrationsstadtrats, Jürgen Czernohorszky, ist für den 11. Mai geplant.

Eine weitere Themensektion beschäftigt sich mit Europa. In Wien leben rund 200.000 EU-Bürger, die Stadt wird internationaler. Dennoch wird das Thema EU weniger ernst genommen, als sich die SPÖ das wünscht: Bei den jüngsten Europa-Wahlen 2014 lag die Wahlbeteiligung in Österreich bei 45,4 Prozent. Die neue Sektion soll all jenen Raum geben, die sich mit der Rolle der EU und deren Entwicklung beschäftigen wollen. Die dritte neue Sektion trägt den Namen „Welcome-Sektion“ und widmet sich den neuen Parteimitgliedern, die sich noch nicht entschlossen haben, wo sie sich engagieren sollen. „Ein Jahr lang lernt man quasi in einem Speed-Dating alle Einrichtungen der SPÖ kennen, ich bin ganz sicher, dass es hier für jede Interessenlage genau das Richtige gibt“, sagte Landesparteisekretärin Sibylle Straubinger. Dieser Sektion stehen die beiden Gemeinderäte Nina Abrahamczik (Neubau) und Joe Taucher (Donaustadt) vor.

Projekte haben ein Ende

Ein konkretes Ziel, wie viele Parteimitglieder durch diesen Prozess gewonnen werden sollen, hat Häupl nicht – es sei auch nicht der erste verordnete Öffnungsprozess der Partei: „Da gab es in der Vergangenheit schon Dutzende Projekte. Aber Projekte müssen auch ein Ende haben, und dann kommt ein neues.“ Wie lang man das aktuelle laufen lassen will, sei noch offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2017)

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