Grüne Befürworter und Gegner verhandeln zum Heumarkt. Der grüne Bezirksvorsteher Blimlinger kritisiert die Urabstimmung und will neue Parteistatuten.
Wien. Das „Nein“ nach der parteiinternen Urabstimmung zum Heumarkt-Projekt raubt der Grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou buchstäblich den Schlaf. Montagmittag starteten die Krisensitzungen, die bis in die Nacht dauern sollen – es wird versucht, eine konsensuale Parteiposition zum intern umstrittenen Heumarktprojekt zu finden. "Ich will Klarheit schaffen" - und zwar "zeitnah", sagte die Ressortchefin am Montagabend vor Journalisten vor Beginn der Sitzung. Einen Rücktritt schloss sie aus.
Dass Vassilakou am heutigen Montag noch ihre Entscheidung bekannt gibt, dürfte sehr unwahrscheinlich sein. "Ich werde mindestens die Nacht nutzen, um mir alles durch den Kopf gehen zu lassen", meinte sie. Neuigkeiten könnte es eventuell schon am Dienstag geben - denn, so Vassilakou: "Morgen ist auch noch ein Tag."
Vassilakou machte sich bisher für das Projekt stark, die Planungen laufen seit fünf Jahren, die Flächenwidmung hätte noch vor dem Sommer in den Gemeinderat kommen sollen. Grüne Gegner rund um Nationalratsabgeordneten Wolfgang Zinggl initiierten eine Urabstimmung, die mit 18 Stimmen Unterschied gegen das Projekt ausging. Das Ergebnis ist bindend. Seit Freitag gibt es vom grünen Rathausklub kein Statement – auch am Montag nicht.
Neues Parteistatut gefordert
Dafür äußerte sich Thomas Blimlinger, Bezirksvorsteher der grünen Hochburg Neubau: „Meiner Meinung nach hätte eine derartige Abstimmung gar nicht möglich sein dürfen – sie ist nicht das richtige Instrument, um diese Frage zu entscheiden“, sagt er auf Anfrage der „Presse“. Die Parteistatuten sollten deshalb überarbeitet werden.
Außerdem legt er den Gemeinderatsmandataren nahe, darüber nachzudenken, entgegen dem Urabstimmungsergebnis für das Projekt zu stimmen. „Das Ergebnis bedeutet im Grunde, dass sich die grünen Mandatare künftig dafür im Gemeinderat einsetzen sollen, dass das Projekt in dieser Form nicht kommt. Ich appelliere aber an alle Gemeinderäte, sich eine eigene Meinung zu bilden – denn es gilt noch immer das freie Mandat, das es zu nutzen gilt“, sagt er. Im Grünen Parteistatut heißt es laut §8.6: „Mandatarinnen und Mandatare der Grünen sind ihrem Gewissen und den Wählerinnen und Wählern verantwortlich. Es gelten die Grundsätze der Partei als Entscheidungsgrundlage“. Und: „Ein Klubzwang ist nicht zulässig.“
Die SPÖ befürwortet das Projekt und hat 44 Sitze im Sitze im Gemeinderat – für eine Mehrheit müssten 7 von 10 grünen Gemeinderäten zustimmen. Eine andere Möglichkeit wäre, die Abstimmung in den koalitionsfreien Raum zu stellen – aber es ist fraglich, ob sich dann eine Mehrheit finden lässt. Mit den Stimmen der FPÖ wäre das möglich, aber das Projekt wurde bisher abgelehnt. Ebenso die ÖVP, die ihre Position am Montag noch einnmal parteiintern abgeklärt hat. „Unsere Linie war von Beginn an eindeutig: Weltkulturerbe und Zukunftsprojekte müssen unter einen Hut gebracht werden“, sagt ÖVP-Wien-Obmann Gernot Blümel. Die Neos haben der SPÖ nun angeboten, mitzustimmen – allerdings unter einer Bedingung: Es solle eine Volksbefragung geben, ob man auf den Welterbestatus verzichten möchte. Mit den Stimmen der Neos allein ist allerdings keine Mehrheit zu erreichen.
Investor lehnt Änderungen ab
Am Montag äußerte sich auch das erste Mal die Wertinvest, Besitzer des Areals. „Wir stehen weiterhin für einen seriösen Diskussionsprozess zur Verfügung“, sagt WertInvest-Geschäftsführerein Daniela Enzi. „Nicht zur Diskussion stehen für uns allerdings die Ergebnisse der bisherigen, jeweils unter Einhaltung aller demokratischen Spielregeln erzielten gemeinschaftlichen Planungsergebnisse.“ Weder die Erkenntnisse des kooperativen Verfahrens, noch die Entscheidung des Architketurwettbewerbs und die danach konsensual erfolgte Überarbeitung des Weinfeld-Entwurfs können nachträglich über den Haufen geworfen werden.
Auch der Wiener Eislaufverein (WEV) wünscht sich eine Umsetzung des Projekts. Solange man nicht weiß, wie es weitergeht, will der WEV keine Stellungnahme abgeben, sagt Sprecher Peter Menasse. Allerdings sei „es schon erstaunlich“, dass es zu einem derart späten Zeitpunkt plötzlich eine Urabstimmung gegeben habe – immerhin seien die Projektdetails seit Jahren bekannt. Erstaunlich findet WEV-Sprecher Menasse auch, dass die grünen Gegner des Projekts „zwar ständig über uns, aber nie mit uns gesprochen haben. Woher sie ihre Infos haben, ist mir unklar“. Gerne, sagt Menasse, hätte er mit den Gegnern des Projekts gesprochen und sie mit Fakten und dem Standpunkt des Eislaufvereins versorgt. Ein Treffen gab es aber nicht.