VfGH tastet Wiener Richtwert-Mieten nicht an

APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Verfassungsgerichtshof lehnte Anträge von Vermietern auf Überprüfung des Richtwertgesetzes ab.

Bei den - relativ günstigen - Richtwertmieten, die hierzulande vor allem für Wohnungen in Wiener Gründerzeithäusern gelten, bleibt alles beim Alten. Eine Gruppe von Vermietern wollte unter anderem die Lagezuschlags- und Befristungsregelungen kippen, die für Altbaumieten gelten. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) habe die Anträge auf Überprüfung des Richtwertgesetzes abgelehnt, hieß es am Mittwoch.

"Die Regelungen dienen dem öffentlichen Interesse des leistbaren Wohnens", so die Verfassungsrichter, die sich in ihrer Juni-Session einmal mehr mit dem Mietrecht befassten und mehrere Anträge von Hauseigentümern ablehnten bzw. in Teilen zurückwiesen.

Von den Wohnungseigentümern angefochten wurden beispielsweise die je nach Bundesland unterschiedlich hohen Richtwerte, bei denen Wien besonders billig davonkommt, sowie das Ende des Zweiten Weltkrieges (8. Mai 1945) als Stichtag für die Vollanwendung des Mietrechtsgesetzes. Nur Wohnungen, deren Bau nach diesem Datum bewilligt wurde, fallen nicht unter das Richtwertsystem. Die Richtwerte sorgen de facto für eine Deckelung der Mieten.

Der VfGH hat die angefochtenen Regelungen als "nicht verfassungswidrig" beurteilt. Die Vermieter hatten ins Treffen geführt, sich betreffend des Gleichheitsgrundsatzes, des Grundrechts auf Eigentum und des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verletzt zu fühlen.

Ein Stein des Anstoßes für die Eigentümer: Der Richtwert für die gesamte Steiermark und die Stadt Graz ist höher als für die Bundeshauptstadt Wien, obwohl doch in Wien die Grund- und Baukosten höher seien als in der steirischen Landeshauptstadt. Nur im Burgenland ist der Richtwert niedriger als in Wien, am höchsten ist er in Vorarlberg.

Diese Bedenken wiesen die Verfassungsrichter am 28. Juni 2017 ab, wie sie am Mittwoch mitteilten. Der Gleichheitsgrundsatz verbiete zwar nicht begründbare Regelungen, doch innerhalb dieser Schranken sei der Gesetzgeber frei, seine politischen Zielvorstellungen zu verfolgen. "Mit der Festsetzung der Richtwerte hat der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten", heißt es in dem aktuellen Erkenntnis.

Es widerspreche nicht der Verfassung, dass das Richtwertgesetz je nach Bundesland verschiedene Richtwerte vorsehe und die Vermieter damit unterschiedlich belaste. "Der Gleichheitsgrundsatz zwingt zu keiner Regelung, die für Vermieter in Bezug auf die Mietzinsbegrenzung in allen Ländern eine gleichmäßige Belastung schafft", so der VfGH. Unterschiedliche Richtwerte belasteten Vermieter nicht unverhältnismäßig.

Auch der vergleichsweise niedrige Richtwert für das Land Wien ist den Angaben zufolge "nicht unsachlich": Die Wohnungssituation in Wien und die stärkere Angewiesenheit der Bevölkerung auf erschwinglichen Wohnraum sowie die vergleichsweise hohe Miet- bzw. niedrige Eigentumsquote "rechtfertigen eine abweichende Behandlung innerhalb der Grenzen der Sachlichkeit".

Leistbares Wohnen

Weiters sei die im öffentlichen Interesse des leistbaren Wohnens zulässige Belastung der Vermieter "nicht unverhältnismäßig". Dies würde etwa dann zutreffen, wenn die Eigentümer angesichts der Mietpreise nicht mehr in der Lage wären, ihr Eigentum angemessen zu erhalten. Die Antragsteller hätten aber eine entsprechende Behauptung weder näher ausgeführt "noch deckt sich eine solche Annahme mit der allgemeinen Lebenserfahrung".

Der Gerichtshof stellte zudem fest, dass auch die Festlegung eines Stichtages für die Vollanwendung des Mietrechts in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers falle. Die Richter halten die Regelung für sachlich gerechtfertigt, "auch weil damit die Schaffung von Wohnraum im Rahmen des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg honoriert werden sollte". Außerdem stünden dem durch den Richtwert begrenzten Mietzins im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes auch eingeschränkte Erhaltungspflichten des Vermieters gegenüber.

Anlass für die Verfahren waren laut VfGH jeweils Entscheidungen von Bezirksgerichten, wonach Mietern eine Herabsetzung des Mietzinses zugesprochen worden war. In Reaktion darauf begehrten die Vermieter auch die Aufhebung von Teilen des Mietrechts- sowie des Richtwertgesetzes. Sie brachten eine Gesetzesbeschwerde ein und ließen die Verfassungskonformität der Regelungen überprüfen. Da an dem Verfahren ein breiteres öffentliches Interesse bestand, fand dazu am 3. Oktober 2016 auch eine öffentliche Verhandlung im Verfassungsgerichtshof statt.

(APA)

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