Wien: Höhere Flüchtlingsausgaben

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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166 Millionen Euro gab die Stadt Wien, konkret der Fonds Soziales Wien, im Berichtsjahr 2016 für Flüchtlings-Grundversorgung aus. Mehr als doppelt soviel wie 2015.

Wien. Die Flüchtlingskrise, die ihren Höhepunkt in der zweiten Jahreshälfte 2015 hatte, fand und findet erwartungsgemäß in den Sozialausgaben der Stadt Wien ihren Niederschlag. Der am Montag präsentierte Jahresbericht des Fonds Soziales Wien (FSW) weist folgende brisante Zahlen aus: Im abgelaufenen Jahr, also im Berichtsjahr 2016, gab der Fonds 166,1 Millionen Euro für die in Wien in Grundversorgung lebenden Flüchtlinge aus. Diese Summe kam 36.740 Asylwerbern zugute.

Im Jahr davor, 2015, betrugen die Aufwendungen 71,9 Millionen Euro. 2014 waren es „nur“ 44,5 Millionen.

FSW-Geschäftsführer Peter Hacker – er stellte gemeinsam mit SPÖ-Sozialstadträtin Sandra Frauenberger den Jahresbericht vor – rechnet nun damit, „dass sich die Zahlen wieder halbieren“.

Ob dieser Fall tatsächlich eintritt, und wenn ja, wann, ist schwer zu prognostozieren. Hacker findet es indessen bemerkenswert, dass ein Gutteil der Asylverfahren eine beachtlich lange Dauer aufweise.

Eben dies will man freilich im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nicht so stehen lassen. So hatte das BFA etwa im Rahmen der Bilanz zum ersten Halbjahr 2017 mitgeteilt, dass seit Anfang 2015 bis Ende Juni 2017 bundesweit ungefähr 143.000 Asylanträge eingelangt seien und man davon bereits fast 70 Prozent erledigt habe.

Wie auch immer: Tatsache ist, dass Flüchtlinge in der Regel erst dann versuchen können, auf eigenen Beinen zu stehen, wenn sie einen positiven Asylbescheid in Händen halten. Davor fallen sie in die Grundversorgung. Seitens der Stadt Wien macht man aber darauf aufmerksam, dass Grundversorgungsleistungen für Personen, die sich länger als ein Jahr im Verfahren befinden, vom Bund bezahlt werden müssen.

Wie sieht das FSW-Gesamtbudget aus? Auch dieses hat im Berichtsjahr 2016 ein neues Hoch erreicht: 1,621 Milliarden Euro betrugen die Aufwendungen. Im Jahr davor waren es noch 1,445 Milliarden, 2014 wurde mit 1,324 Milliarden budgetiert.

Löwenanteil: Pflege und Betreuung

Der FSW (Gesamtzahl der Betreuten bzw. der Kunden: 128.300 Personen), der laut Eigendefinition „für Wienerinnen und Wiener in schwierigen Lebenssituationen da ist“, gibt den Löwenanteil seiner – großteils öffentlichen – Gelder für Pflege und Betreuung aus. Dieser Budgetposten beläuft sich auf 1,08 Milliarden Euro. Auch hier ist eine leichte Steigerung im Vergleich zu den Vorjahren zu verzeichnen. 2016 haben rund 59.000 Personen in Wien Pflege- und Betreuungsleistungen erhalten.

Das finanziell gesehen zweitgrößte Segment (dotiert mit 276 Millionen Euro) betrifft Menschen mit Behinderung – hier geht es um Mobilität, Wohnen und Beratung. Rang drei nehmen die bereits erwähnten Aufwendungen für Flüchtlinge ein. Dann kommt die Wohnungslosenhilfe mit einem Bedarf von 66 Millionen – das Geld kam im Berichtsjahr ungefähr 10.300 Menschen zugute, die ohne Wohnung dastanden.

Aber noch einmal zurück zum Thema Pflege/Betreuung – ein Gebiet, welches naturgemäß eher ältere Menschen betrifft. Hier steht laut Hacker ein Anstieg bevor. Denn: Derzeit gehe es um eine Generation, die durch den Zweiten Weltkrieg dezimiert worden sei. Jene Generationen, die nach dem Krieg geboren wurden und daher keine entsprechenden Opfer zu beklagen haben, würden nach und nach ein Alter erreichen, in welchem sie Pflegeleistungen in Anspruch nehmen. Ab 2025 werde es eine sehr starke Steigerung dieser Zielgruppe geben, meint der FSW-Chef.

Was das Leistungsspektrum des FSW betreffe, so sei die Schuldnerberatung (rund 10.000 Betroffene, Aufwand: 2,7 Millionen Euro) besonders hervorzuheben, so Stadträtin Frauenberger. Gute Erfahrungen habe man mit dem sogenannten betreuten Konto gemacht. Dieses funktioniert so: Regelmäßig werden namens des Betreffenden sämtliche obligaten monatlichen Ausgaben abgebucht, um keine Mahnungen oder Nachzahlungen zu riskieren. Der frei verfügbare Rest wird dann auf ein anderes Konto geschleust und steht dem betreuten Kontoinhaber für Ausgaben seiner Wahl zur Verfügung.

Zuletzt ließ sich Frauenberger ein sozialpolitisches Bekenntnis nicht nehmen: Wien sei eine Sozialstadt und gehe nicht „den Weg des Deckelns und Kürzens“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2017)

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