Häupls Erbe: Kampfabstimmung Schieder–Ludwig

Das rote Match: Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (im Bild) gegen Andreas Schieder, Klubchef im Parlament.
Das rote Match: Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (im Bild) gegen Andreas Schieder, Klubchef im Parlament.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Andreas Schieder, SPÖ-Klubchef im Parlament, steigt in den Ring gegen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Erste Unterstützer Schieders outen sich gegenüber der „Presse“.

Wien. Die mit Spannung erwartete Entscheidung ist am Mittwochnachmittag gefallen. Andreas Schieder, SPÖ-Klubchef im Parlament, steigt in den Ring um die Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl. Das gab Schieder am Mittwochnachmittag bekannt.

In einem der APA vorliegenden Schreiben begründete Schieder seine Kandidatur so: Er wolle „Verantwortung für die Zukunft unserer Partei, unserer Idee und unserer Stadt übernehmen“: „Das kann aber nur gemeinsam gelingen.“ Denn der „Wind des konservativ-reaktionären Zeitgeists“ blase der Sozialdemokratie in ganz Europa ins Gesicht. Wörtlich erklärte Schieder: „Es geht um viel – es geht ums Eingemachte.“

Damit ist das Rennen um die Häupl-Nachfolge offiziell eröffnet; nachdem eine Kandidatur von Schieder bereits erwartet worden war. Als Folge wird der entscheidende Landesparteitag am 27. Jänner eine Premiere in der langen Geschichte der SPÖ Wien sein: Erstmals wird eine Nachfolge nicht intern geregelt, sondern auf offener Bühne – in Form einer Kampfabstimmung mit ungewissem Ausgang. Und das Match lautet Andreas Schieder gegen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.

Auch wenn die Bezeichnungen linker bzw. rechter Flügel innerhalb der SPÖ zurückgewiesen werden: Schieder hat den Ruf als Vertreter des linken, innerstädtischen Lagers, das Michael Ludwig als Bürgermeister um jeden Preis verhindern möchte. Schieders Partnerin, Ex-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, war die Galionsfigur des linken Parteiflügels. Ludwig dagegen gilt als Vertreter des Lagers rechts der Mitte – als Vertreter der bevölkerungsreichen Flächenbezirke, die dort gegen die FPÖ kämpfen und nicht gerade rot-grün-affin sind wie (vor allem) die innerstädtischen Bezirke.

Wohnbaustadtrat Michael Luwig reagierte demonstrativ gelassen auf Schieders Gegenkandidatur: „Ich freue mich auf einen Wettbewerb der guten Ideen. Und auf einen inhaltlichen Wettbewerb mit Andreas Schieder, mit dem ich seit vielen, vielen Jahren sehr gut zusammengearbeitet habe.“

Schieders Unterstützer

Der Auftritt von Schieder am Mittwoch war organisatorisch gut orchestriert. Nach dessen Erklärung deklarierten sich erste Unterstützer – aus Bezirken, die dem Floridsdorfer Michael Ludwig zugerechnet werden: Ex-Landesparteisekretär Harry Kopietz (Floridsdorf), Gemeinderätin Susanne Bluma (Floridsdorf), Gemeinderatsvorsitzender Thomas Reindl (Donaustadt) und der amtsführende Stadtschulratspräsident, Heinrich Himmer (Simmering), versicherten im Gespräch mit der „Presse“ Schieder ihre Unterstützung.

Das Signal, das offensichtlich transportiert werden soll: Die bevölkerungsreichen Flächenbezirke stehen nicht so geschlossen hinter Michael Ludwig wie behauptet; das Rennen ist noch nicht gelaufen; es ist falsch, zur Ludwig-Fraktion überzulaufen in dem Glauben, diese habe schon gewonnen. „Kein Bezirk ist einhellig der gleichen Meinung“, ortet Kopietz Risse in der Ludwig-Fraktion: In vielen Flächenbezirken gebe es durchaus andere Meinungen.

Die zweite Stoßrichtung der Schieder-Fraktion: Der SPÖ-Klubobmann sei ein Bollwerk gegen eine türkis-blaue Bundesregierung, wie Kopietz und Himmer erklärten – womit demonstrativ der linke Parteiflügel bedient und Häupls Mantra („Wiener Weg“) zitiert wird. Für Reindl ist Schieder, der seit 2002 SPÖ-Parteichef in Wien Penzing und seit 2013 SPÖ-Klubchef ist, sogar „ein frisches Gesicht“, das neue Schichten ansprechen könne.

Czernohorszky begrüßt Schieders Antreten

Der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ), der selbst nicht (mit einer Kandidatur, Anm.) kokettiert, begrüßt die Kandidatur von Andreas Schieder: "Ich unterstütze explizit, was er schreibt." "Den Inhalt des Schreibens finde ich gut", sagte er in Bezug auf das Schreiben an die Wiener Genossen, in dem Schieder die Beweggründe für sein Antreten darlegt.

Nach dieser Welle der Schieder-Unterstützer rückte für die Ludwig-Fraktion Häupls Ex-Parteimanager Christian Deutsch aus, um die Angriffe von Häupls Ex-Parteimanager Harry Kopietz zurückzuweisen. „Diese Personen waren nie Unterstützer von Michael Ludwig und repräsentieren nicht diese Bezirke.“ Vielmehr würden sich in den Innenbezirken viele Unterstützer zur Ludwig-Fraktion deklarieren, erklärte Deutsch.

Damit ist bis zum 27. Jänner ein harter Schlagabtausch beider Lager zu erwarten – weshalb SPÖ-Parteimanagerin Sybille Straubinger auf Facebook umgehend einen Appell an beide Kandidaten richtete – mit der Bitte um „eine sachliche Debatte“ und einen „fairen, offenen und zukunftsorientierten internen Wahlkampf“.

Auf einen Blick

Am 27. Jänner wird auf einem Parteitag die Nachfolge von Michael Häupl als Wiener SPÖ-Chef entschieden. Und damit der Flügelkampf in der wichtigsten roten Landespartei. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig ist seit längerer Zeit als Kandidat fix, nun auch Andreas Schieder, SPÖ-Klubchef im Parlament. Zieht keiner zurück, wird erstmals in der Geschichte der Wiener SPÖ eine Kampfabstimmung entscheiden, wer Parteichef und später Bürgermeister wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2017)

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