Anrainerparken laut Bezirkschefs rechtswidrig

Karin Schuh/Die Presse
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Die Bezirksvorsteher des ersten und achten Bezirks wollen die neuen Hinweisschilder, die Anrainerparkplätze auch für Wirtschaftstreibende öffnen, nicht aufstellen. Laut einem Rechtsgutachten soll die neue Verordnung rechtswidrig sein.

Der Streit um die Anrainerparkplätze, die ab 1. Dezember auch für Wirtschaftstreibende geöffnet werden sollen, hat eine neue Ebene erreicht. Die Bezirksvorsteher der Inneren Stadt und der Josefstadt, die sich seit Anbeginn gegen diese Öffnung wehren, haben nun ein Gutachten für die neue Verordnung in Auftrag gegeben. Das kommt zu dem Ergebnis, dass die Rechtmäßigkeit der neuen Verordnung in Frage zu stellen sei. "Mit einer Aufhebung der Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof ist zu rechnen", sagt die Josefstädter Bezirksvorsteherin Veronika Mickel-Göttfert, heute, Donnerstag, bei einer Pressekonferenz. Sie hat Bernhard Raschauer, Professor an der Universität Wien für Verfassungs- und Verwaltungsrecht, mit einem Gutachten für den achten Bezirk beauftragt, der zu dem Schluss kommt: "Im Moment sind Anrainerzonen faktisch tot." Auf Empfehlung dieses Gutachtens wird Mickel, ebenso wie ihr Kollege aus der Inneren Stadt, Bezirksvorsteher Markus Figl, die neuen Hinweisschilder für die Öffnung der Anrainerparkplätze nun nicht aufstellen.

"Es wäre unverantwortlich, die neuen Straßenschilder aufzustellen. Wir gehen davon aus, dass die neue Verordnung innerhalb eines Jahres fallen wird", sagt Mickel. Die rund 850 Anrainerparkplätze in der Josefstadt (inklusive der Überlappungszone im 1. und 7. Bezirk) seien zu mehr als 95 Prozent ausgelastet. Ähnlich sei die Situation in der Inneren Stadt, wie Figl meint. Dort handelt es sich um rund 1540 Stellplätze. Bei einer Bürgerbefragung hätten 92 Prozent für die Beibehaltung der jetzigen Regelung gestimmt (bei einer Beteiligung von 46 Prozent). "Das Vorgehen der neuen Verordnung ist aus meiner Sicht dubios", so Figl.

Raschauer rät dazu, Strafen anzufechten

Rechtswissenschafter Raschauer sagt über die neue Verordnung: "Die ist zamgestoppelt, wie man auf gut Wienerisch sagt, da sind mehrere Ideen eingeflossen." Er geht davon aus, dass diese vom Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben werden wird. "Deshalb kann man es sich sparen die neuen Schilder zu bezahlen und aufzustellen, da ohnehin neue kommen werden." In der neuen Verordnung fehle ein Vermittlungsverfahren, konkret eine Datenerhebung. Außerdem seien die einzelnen Bereiche, um die es sich bei den Zonen handelt, zu unkonkret festgelegt. Auch inhaltlich sieht er Schwierigkeiten. "Die Straßenverkehrsordnung sieht Anrainerzonen vor, die ein zeitlich uneingeschränktes Parken ermöglicht." Das sei aber durch die Öffnung der Parkplätze für Wirtschaftstreibende im Zeitraum von 8 bis 16 Uhr nicht mehr gegeben. Irgendjemand werde sich finden, der sich gezielt in eine solche Zone (ohne Parkpickerl) stelle, und dann die Strafe anficht. "Wer das anficht, bekommt recht. Ich kann nur jedem dazu raten."

Außerdem genüge eine Kundmachung im Amtsblatt, wie sie bereits geschehen sei, nicht. Damit die neue Regelung gilt, müssten die entsprechenden Straßenschilder aufgestellt werden - was die beiden Bezirkschefs aber nicht tun werden.

Kritik an Vassilakou, nicht der Wirtschaftskammer

Auf die Kritik aus der Wirtschaftskammer, reagieren die beiden ausweichend. Walter Ruck, der Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, hat in der "Presse" den Protest der beiden ÖVP-Bezirksvorsteher kritisiert. "Das ist keine Frage der Parteizugehörigkeit, es geht um die Bewohner. Außerdem machen wir viel für die Wirtschaft, etwa mit Ladezonen", sagt Mickel. Die Kritik richte sich vielmehr an Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne), die das Chaos verursacht habe, sind sich die beiden einig.

(ks)

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