Wien: Hässliche Straßen, gutes Gesundheitssystem

EUUmfrage ueber Wien Haessliche
EUUmfrage ueber Wien Haessliche(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wie denkt die Bevölkerung über ihre Stadt? Das hat die EU in einer neuen Umfrage in 75 europäischen Städten erhoben - mit durchaus überraschenden Resultaten.

WIEN. Wer sich fragte, was ein gewisser Johannes Hahn eigentlich in Brüssel macht, bekam jetzt eine Antwort: Der ehemalige Wissenschaftsminister publizierte als EU-Kommissar für die Regionalpolitik eine Umfrage über die Lebensqualität von 75 Städten. Und diese Umfrage, die Wien und Graz erfasst, zeigt einige Überraschungen auf:


•Hässliche Straßen und Plätze. Die Wiener stellen ihrer Stadt ein verheerendes Zeugnis aus, wenn es um die Schönheit von Straßen und Plätzen in ihrer Umgebung (Grätzel) geht: Fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) ist „überhaupt nicht zufrieden“, 21 Prozent sind „eher unzufrieden“ – das macht den vorletzten Platz im europäischen Städtevergleich. Nur die Einwohner von Zagreb finden ihre Straßen und Gebäude noch hässlicher. Die höchste Zufriedenheit erreicht überraschend Diyarbakir (Türkei) vor Glasgow und Berlin. Graz landet im oberen Drittel der europäischen Städte.

Generell scheinen die Wiener ein Problem mit den öffentlichen Flächen zu haben. Im Bereich der Märkte und Fußgängerzonen liegt die Stadt ebenso nur im Mittelfeld wie im Bereich der Grünflächen (Parks und Gärten).


•Teure Wohnungen. Ist es leicht, in Wien eine gute Wohnung zu einem vernünftigen Preis zu finden? Die ernüchternde Antwort: „Nein!“ Das meinen zumindest 66Prozent der befragten Wiener, womit die Stadt in dieser Kategorie im letzten Drittel landet (sieben Plätze hinter Graz). Am günstigsten empfinden die Einwohner von Leipzig die Mietpreise, am teuersten sind München, Rom und Paris.


•Kann man den Menschen in der Stadt trauen? Diese heikle Frage beantwortet die Umfrage auch: 74Prozent der Wiener meinen, man könne den Wienern im Allgemeinen trauen. Damit liegt Wien im oberen Drittel (neun Plätze hinter Graz). Am stärksten vertrauen einander die Einwohner von Aalborg (Dänemark); die Stadt, in der die Bewohner am skeptischsten sind, ist Istanbul. Dort sind 85 Prozent der Einwohner der Meinung, dass man den Menschen nicht trauen kann.


•Hohe Sicherheit. Obwohl die politische Diskussion mancher Akteure oft einen anderen Eindruck erweckt: Wien zählt zu den (subjektiv) sichersten Städten Europas. 82Prozent erklärten, dass sie sich in Wien „immer sicher“ fühlen, 14Prozent „manchmal sicher“ und nur vier Prozent „selten oder nie“. Graz liegt fünf Ränge vor Wien auf Platz13; als sicherste Stadt Europas sieht sich Rostock, als unsicherste Städte gelten Athen, Burgs (Bulgarien) und Sofia.


Kultur-Flaggschiff. Wien gilt international als Kulturhauptstadt. Doch wie zufrieden sind die Wiener mit ihren Museen und Konzerthäusern? Die Antwort ist eindeutig: 95 Prozent sind zufrieden – Platz drei im Städteranking. Nur Cardiff (GB) und Helsinki liegen hauchdünn vor Wien. Den letzten Platz belegt Valletta, die Hauptstadt Maltas, Graz liegt im oberen Drittel, auf Platz23.
•Saubere Stadt. Die Armada von Müll-, Hunde- und sonstigen „Watchern“, die von der Stadtregierung auf die Straße geschickt wird, dürfte sich bezahlt machen: Die Wiener halten ihre Stadt für eine der saubersten in Europa. Konkret stimmen 84Prozent der Aussage „Wien ist sauber“ zu, womit Wien Platz sechs im Ranking der 75 europäischen Städte einnimmt; Graz liegt auf Platz16. Die sauberste Stadt Europas ist Oviedo (Spanien), die schmutzigste Palermo.


•Exzellente Gesundheitsversorgung.
Wien hat eines der besten Gesundheitssysteme in Europa: 92Prozent der befragten Wiener sind damit zufrieden, nur sechs Prozent unzufrieden – was im Städteranking für Platz sechs reicht. Die beste städtische Gesundheitsversorgung existiert in Groningen (Niederlande); Platz zwei erobert Graz. Am schlechtesten (Platz 75) bewerten die Bewohner in Burgas (Bulgarien) ihr Gesundheitssystem.


•Gute Chance auf Arbeitsplätze. In Zeiten der Wirtschaftskrise eines der interessantesten Kapitel der Umfrage. 37Prozent der Wiener meinen, es ist leicht, eine Arbeit in der Stadt zu finden. Damit liegt Wien hinter Manchester im oberen Drittel, sechs Plätze vor Graz. Am einfachsten, einen neuen Job zu finden, sei es in Stockholm; am schwierigsten in Palermo.


•Problem Armut. Ist Armut in der Stadt ein Problem? 34Prozent sagen Ja. Damit liegt Wien auf Platz 28, im Mittelfeld und drei Ränge vor Graz. Am wenigsten Sorgen bereitet die Armut den Einwohnern in Aalborg (Dänemark), die größten den Menschen in Lissabon, Budapest, Riga und Miskolc (Ungarn).


•Exzellente öffentliche Verkehrsmittel. Einen Spitzenwert fährt Wien im Bereich der öffentlichen Verkehrsmittel ein. Hier wird Wien nur von Helsinki geschlagen, während Graz im Mittelfeld landet. Schlusslicht ist Palermo.


•Zufriedenheit mit Freizeiteinrichtungen. 80 Prozent der Wiener sind mit den Freizeiteinrichtungen im Freien (Spazierwege, Radwege) zufrieden. Das bedeutet einen Platz im ersten Drittel vor Glasgow und Graz. Führend bei Freizeiteinrichtungen ist Oulu (Finnland); Schlusslicht Athen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2010)

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