Mord an Israilow: Zeuge schweigt aus Angst

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Tschetschenen-Mord: Ein Zeuge litt plötzlich an „Gedächtnisverlust“. Offenbar aus Angst vor Repressalien aus seiner alten Heimat Tschetschenien. Nun wird er wegen Verdachts auf falsche Beweisaussage verfolgt.

Wien. 13. Jänner 2009: In Wien-Floridsdorf wird der tschetschenische Flüchtling Umar Israilow (27) auf offener Straße erschossenen. Seit Mitte November des Vorjahres läuft deshalb im Grauen Haus ein Mordprozess gegen drei Landsleute des Opfers. Am Mittwoch wurde dieser fortgesetzt: Der als Zeuge geladene Schwager von Israilows Witwe wollte sich auf einmal an frühere Angaben nicht mehr erinnern können. Offenbar aus Angst vor Repressalien aus seiner alten Heimat.
Der Zeuge – er ist mit der Schwester von Israilows Witwe verheiratet – wollte zunächst nur in Abwesenheit der drei Angeklagten Otto K. (42), Suleyman D. (36) und Turpal-Ali Y. (31) vernommen werden. Das Trio ist wegen Beteiligung am Mord angeklagt. K., ein Vertrauter des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, gilt als zentrale Figur. Kadyrow selbst soll die Fäden gezogen haben, nachdem das spätere Mordopfer schwere Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien angeprangert hatte. Der Todesschütze, Letscha B., floh in seine Heimat. Russland liefert ihn nicht aus. Zuletzt war er in einen weiteren Anschlag verwickelt, wobei er selber schwer verletzt wurde.

Verwandte in Lebensgefahr?

Indessen litt nun der Schwager von Israilows Witwe an auffälligem „Gedächtnisverlust“. Noch im Dezember 2008 soll er das spätere Opfer vor Otto K. gewarnt haben. Davon wollte der Mann gestern aber nichts mehr wissen: „Es gab so ein Telefongespräch, aber es war nicht so, wie sie es mir geschildert haben“, sagte er nach einem entsprechenden Vorhalt des Richters Friedrich Forsthuber. Auch wollte er sich nicht an eine Aussage beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Niederösterreich (LVT) erinnern, von dem er als gelegentlicher Informant geführt wurde. „Ich habe nie in meinem Leben keiner Polizei in Österreich Informationen gegeben!“
Schließlich wurde es dem Senat zu bunt: „Sie müssen sich jetzt überlegen, sagen Sie die Wahrheit, ja oder nein?“, fragte Forsthuber forsch. Weiter: „Haben Sie Angst, die Wahrheit zu sagen?“
Der Zeuge: „Was denken Sie?“ Richter: „Haben Sie Verwandte in Tschetschenien, die gefährdet wären, wenn Sie die Wahrheit sagen?“ Antwort: „Das kann sein.“ Staatsanwalt Leopold Bien leitete daraufhin ein Verfahren wegen des Verdachts auf falsche Zeugenaussage ein. Prozessfortsetzung am Montag.

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