Taxifahrer wegen Handy-App gekündigt

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Wiens marktbeherrschende Taxizentrale hat jetzt ersten Fahrern gekündigt, die mit anderen Anbietern mit der neuen Taxi-App zusammenarbeiten. Bei "40100" sieht man rechtlichen Schritten eher gelassen entgegen.

Wien. „Wenn deine Frau dich betrügt, lässt du dich ja auch scheiden.“ Diese Aussage, die Leopold Müllner, Chef des Taxifunknetzes „40100“ vor einem Monat tätigte („Die Presse“ berichtete am 27.August), machte unter den Wiener Taxifahrern schnell die Runde. Diese Aussage heißt: Taxifahrer, die das Funknetz von Müllners großer Taxizentrale „40100“ benutzen, dürfen nicht gleichzeitig an ein anderes Netz angeschlossen sein. Ansonst folge die Kündigung. Denn die Verträge, die „40100“ mit Taxiunternehmen abschließt, verbieten das.

„Das ist existenzbedrohend“

Der Taxiunternehmer S., der diese Vereinbarungen der „Presse“ gegenüber im August als „Knebelverträge“ bezeichnete, ist nun einer der ersten Betroffenen. Vor wenigen Tagen lag das Kündigungsschreiben, das der „Presse“ vorliegt, für zwei seiner Fahrzeuge im Postkasten. Diese sind nicht nur über das Netzwerk von „40100“ gefahren, sondern auch über die Smartphone-App „myTaxi“.

„Damit wird mir wahrscheinlich erstmal ein Drittel oder eine Hälfte der Einnahmen für diese Fahrzeuge fehlen“, schätzt S. Wenn es weitere Kündigungen gebe, könne es existenzbedrohend werden. S. will nun auf Schadenersatz klagen. Auch der Anbieter „myTaxi“ prüft rechtliche Schritte gegen „40100“.

Fabian Rauch, Geschäftsführer der App „get-a-taxi“, über die Taxibestellungen ebenfalls durch Smartphones und ohne Zwischenschaltung einer Zentrale funktionieren, hat jetzt vorsorglich eine Beschwerde bei der Bundeswettbewerbsbehörde eingereicht. „Wir laden alle Taxler ein, sich uns anzuschließen“, sagte Rauch der „Presse“.

Leopold Müllner, dessen Zentrale „40100“ über ein Drittel aller Wiener Taxis unter Vertrag hat, sieht rechtlichen Schritten gelassen entgegen. „Wenn sie uns klagen wollen, können sie das gerne tun.“ Müllners Kündigungsschreiben an S. verweist auf ein im Vertrag enthaltenes „Konkurrenzverbot“.

Präzedenzfall in Deutschland

„myTaxi“ und „get-a-taxi“ beklagen einen Wettbewerbsnachteil, wenn „40100“ jenen Taxiunternehmern mit Kündigungen droht, die über mehrere Netze gleichzeitig fahren. „Der Markt schreit nach Veränderung. Dagegen dürfen sich die alteingesessenen Zentralen nicht stemmen“, sagt Sven Külper von „myTaxi“. In Österreich ist bislang nicht geregelt, ob die Kündigung der Fahrzeuge von S. dem Wettbewerbsrecht widerspricht. Ein Präzedenzfall des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem Jahr 2009 hat dieses Verhalten für den deutschen Markt aber als wettbewerbsbeschränkend und daher rechtswidrig beurteilt. Ob das auch auf Österreich zutrifft, könnte sich bald entscheiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2011)

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