Schwarze Pädagogik im Schloss Wilhelminenberg

Schloss Wilhelminenberg
Schloss Wilhelminenberg(c) AP (Hans Punz)
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Einst ein Heim für 120 Sonderschülerinnen, dient das Schloss im Westen Wiens heute als Vier-Sterne-Hotel. In den 70er Jahren soll es sexuelle Übergriffe auf Heimkinder gegeben haben.

Wo heute Gäste im Vier-Sterne-Ressort "Austria Trend Hotel Schloss Wilhelminenberg" weilen, sollen sich in den 1970er Jahren sexuelle Übergriffe auf Heimkinder zugetragen haben. Das berichten zwei ehemalige Zöglinge des damaligen Kinderheims.

Erstmals wurde im 18. Jahrhundert ein Schloss auf dem Gelände in Wien-Ottakring errichtet, 1903 bis 1908 entstand der aktuelle Palais im Neoempirestil. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg diente das Schloss Wilhelminenberg als Lazarett, um nach dem Kriegsende in ein Heim umgewidmet zu werden. Von 1961 bis 1977 wurden hier Sonderschülerinnen untergebracht - in dieser Zeit sollen sich die Übergriffe ereignet haben.

Mit der Pädagogik in der damaligen Zeit war es nicht weit her, sagt der Wiener Kinder- und Jugendpsychiater Ernst Berger. Drei Elemente bestimmten den Alltag in den Heimen: schwarze Pädagogik, sozialpädagogische Großheimstrukturen und Erziehungshaltungen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Körperliche Bestrafung war an der Tagesordnung, das Personal der Heime war größtenteils pädagogisch unausgebildet.

Erst in den 60er Jahren setzte ein Umdenken ein, 1971 wurde die erste Heimkommission gegründet. Ergebnis: Die betreuten Jugendlichen bekamen Taschengeld, die Ausgangsregelungen wurden gelockert. Auch die ersten Familiengruppen wurden in dieser Zeit ins Leben gerufen.

Nach einer Reihe von Heimreformen wurde schließlich 1995 jener Prozess gestartet, der die Schließung von Großheimen zur Folge hatte. Stattdessen kommen die Kinder in den mittlerweile 14 Krisenzentren unter. Ziel des Jugendamtes ist es, die Kinder in ihrem persönlichen Umfeld - also Kindergarten oder Schule - zu belassen. Rund 1500 Kinder leben derzeit in solchen Wohngemeinschaften.

(APA)

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