Wien: 67 Prozent mehr Strafen wegen Schnellfahrens

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Die Verkehrspolizei kontrollierte 2011 in Wien öfter und schärfer die Geschwindigkeit. Der ÖAMTC sieht darin eine Schikane der Autofahrer.

Für manche Autofahrer ist es nur ein Bauchgefühl, nun lässt es sich mit Zahlen belegen: In Wien ist die Zahl der Verkehrsstrafen wegen zu schnellen Fahrens massiv angestiegen: Waren es 2010 noch rund 317.000 Anzeigen und Organmandate wegen Geschwindigkeitsübertretungen, belief sich die Zahl Ende 2011 auf 529.300 Strafen. Das bedeutet einen Anstieg von 67 Prozent - und einen neuen absoluten Rekordwert.

Peter Goldgruber, Leiter der Sicherheits- und Verkehrspolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien macht dafür die häufigeren Geschwindigkeitskontrollen der Wiener Verkehrspolizei verantwortlich - und nicht die gesteigerte Bereitschaft der Autofahrer, zu schnell zu fahren: „Wir haben zirka um ein Drittel häufiger mit Laserpistolen kontrolliert als noch im Jahr davor", sagt Goldgruber. Auch drei zusätzliche fix installierte Radargeräte sowie die neue Section Control im zehnten Bezirk auf der A23 hätten ihren Teil zum Ergebnis beigetragen.

Vermehrte Laserkontrollen

Tatsächlich sind besonders die Strafen durch Lasermessungen mit einem Plus von 137 Prozent bei den Anzeigen und 86 Prozent bei den Organmandaten hinaufgeschnellt. Goldgruber erklärt das so: „Wir strafen viel früher und zeigen weitaus weniger Toleranz." Abgesehen von den fünf Stundenkilometern Überschreitungsspielraum, die die Eichung der Geräte zulasse, seien die Beamten mittlerweile angehalten, schon bei nur zwei oder drei Stundenkilometern Überschreitung die Fahrer zu strafen.

Und die Tendenz ist steigend. Denn geht es nach Goldgruber, werde in Zukunft noch rigoroser kontrolliert und - so wie das jetzt bereits in Norwegen der Fall ist - auch nur bei einem Stundenkilometer Überschreitung ein Strafzettel verhängt.
Den Vorteil sieht Goldgruber in der erhöhten Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. „Eine Senkung der Geschwindigkeit um fünf Prozent bedeutet um zehn Prozent weniger Unfälle mit Personenschaden, 16 Prozent weniger Schwerverletzte und 25 Prozent weniger Tote", sagt Armin Kaltenegger, Leiter der Rechtsabteilung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, der sich auf mehrere Studien bezieht.

Für den obersten Verkehrspolizisten Goldgruber zeigen die scharfen Kontrollen auch schon Wirkung: „Wir hatten im Vorjahr die niedrigste Anzahl an Verkehrstoten seit Beginn der Unfallstatistik im Jahr 1961 in Wien." Sein Lieblingsbeispiel sei die Section Control auf der A22 in Kaisermühlen, wo zwar 80 Stundenkilometer erlaubt seien, sich die Geschwindigkeit im Durchschnitt aber auf 78 Stundenkilometer eingependelt hätte. Früher waren es bis zu 13 Todesfälle im Jahr, zuletzt sei die Zahl auf null gesunken, sagt Goldgruber. Auch Armin Kaltenegger ist sich sicher, dass sich die strengen Kontrollen schnell in der Unfallstatistik widerspiegeln würden.

ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer ist sich da nicht so sicher. Für ihn ist die gestiegene Anzahl der Verkehrsstrafen auch ein Zeichen von zu strengen Kontrollen in Gebieten, in denen ohnehin kein schnelles Fahren erlaubt ist. Denn in letzter Zeit würden beim ÖAMTC vermehrt Beschwerden über die scharfen Kontrollen in Tempo-30-Zonen eingehen: „Es werden also vor allem Leute gestraft, die eh nur mit 40 Stundenkilometern fahren", sagt Hoffer. Goldgruber von der Polizei bestätigt das: „Wir haben auch verstärkt in den 30er-Zonen kontrolliert." Eine unnötige Schikane in vielen Fällen, wie Hoffer findet: „Ich verstehe es ja bei einem Schutzweg, aber mittlerweile ist der 30er ja auch auf viele Durchzugsstraßen ausgeweitet worden."

Langfristig würde das die Reizschwelle der Autofahrer anheben: „Wenn das Tempolimit immer so niedrig ist, dann ist auch die Bereitschaft höher, eine Strafe abzufangen." Die Tempo-30-Zonen breiten sich in Wien jedenfalls aus: Aktuell stimmten in Währing zwei Drittel der Bewohner mit einem Ja für eine Tempo-30-Zone.

In finanzieller Hinsicht profitieren die Straßenbetreiber wie die Asfinag und die Stadt Wien von den vermehrten Kontrollen. Sie bekommen 80 Prozent aller Einnahmen. Allein im Jahr 2011 wurden so um zehn Millionen Euro mehr eingenommen als im Jahr davor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28. Februar 2012)

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