Terror-Prozess: Islam statt "Alkohol, Drogen und Frauen"

Hohe Sicherheitsvorkehrungen beim Wiener Terror-Prozess
Hohe Sicherheitsvorkehrungen beim Wiener Terror-Prozess(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Der Terror-Prozess gegen vier Wiener Islamisten wurde fortgesetzt. Bei einem Angeklagten wurde mehr als 300 radikal-islamistische Videos entdeckt.

Zweiter Tag im Wiener Terror-Prozess gegen vier Islamisten, denen vorgeworfen wird, die Ziele der al-Qaida und verwandter Terror-Netzwerke unterstützt zu haben. Nachdem in der Vorwoche der Hauptangeklagte Thomas Al J. ausführlich vernommen wurde, widmete sich am Mittwoch der Schöffensenat den Mitangeklagten.

Unter ihnen befindet sich ein 26-Jähriger, der im Juni 2011 am Flughafen Wien-Schwechat festgenommen wurde, als er in Begleitung seiner hochschwangeren Ehefrau, der einjährigen Tochter und eines weiteren Mannes in die Türkei fliegen wollte, um von dort aus nach Pakistan zu gelangen, wo er sich laut Anklage in einem "Terrorcamp" ausbilden lassen wollte.

Der Familienvater, der während der Verbüßung einer Haftstrafe zum Islam konvertiert war, wies das zurück. Er habe "grundsätzlich in Pakistan leben" wollen, gab er zu Protokoll: "Es ist nicht schwer, dort Fuß zu fassen". Immerhin sei er gelernter Tischler, verwies er auf seine handwerkliche Ausbildung, die ihm eine Verdienstmöglichkeit verschafft hätte. "Mein Wunsch ist es, unter der Scharia zu leben", erklärte er. Zugleich betonte er, er habe "dort überhaupt nicht kämpfen wollen. Für mich ist das keine Option". Ihm sei es vielmehr darum gegangen, in Pakistan in einer Koranschule "den Islam zu studieren".

Bereitwillig erzählte der 26-Jährige, wie er zum Islam fand. Er habe "früher ein freizügiges Leben gehabt, mit Alkohol, Drogen und Frauen". Mit 15 sei er zum ersten Mal verurteilt worden, später hatte er wegen versuchten Mordes sechseinhalb Jahre zu verbüßen. In der Haft lernte er zwei gebürtige Türken kennen, die ihn mit den Glaubensregeln des Islam vertraut machten und sein Interesse weckten. "Am Ende habe ich entschieden, dass es mir diese Kultur angetan hat", sagte der Angeklagte.

Da er "leider sehr ungeduldig und unvernünftig" sei, habe er in einer Koranschule in Pakistan den Islam studieren wollen. Ganz zum Schluss habe er die Reise nach Pakistan "abgesagt", behauptete der 26-Jährige. Er habe in der Türkei bleiben und dort Urlaub machen wollen, um im Anschluss nach Österreich zurückzukehren.

Mehr als 300 radikal-islamistische Videos

Danach wurde ein 32-jähriger Mitangeklagter befragt, der unter dem Rufnamen Abu Omar Salahudin in einer Wiener Moschee als Prediger und Lehrer tätig ist. Im Zuge einer Hausdurchsuchung hatte man in seiner Wohnung 334 Video-Dateien mit radikal-islamistischen, teilweise gewaltverherrlichenden Inhalten entdeckt. Dessen ungeachtet beteuerte der Mann, kein Fundamentalist zu sein. Dschihad sei "ein heiliges Wort. Es heißt 'Sich bemühen'. Man muss darüber nicht diskutieren. Das steht so im Koran", gab er an. Wenn ein islamisches Land angegriffen werde, "soll man sich verteidigen", präzisierte er auf richterliches Nachfragen.

Entschieden stellte er die Darstellung der Anklagebehörde in Abrede, einem in der terroristischen Vereinigung "Deutsche Taliban Mujahedin" tätigen Mann 200 Euro für Terror-Zwecke übergeben zu haben. Er sei davon ausgegangen, dass das Geld für einen jungen Wiener bestimmt war, der 2009 nach Pakistan gereist war, von dem der 32-Jährige angenommen haben will, dass sich dieser in einer Koranschule unterrichten ließ. In Wahrheit soll sich der mittlerweile 22-Jährige im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet zum Terroristen ausbilden haben lassen. Er steht seit vergangenem Jänner deswegen in Berlin vor Gericht.

(APA)

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