Mehr Bürgernähe für den Petitionsausschuss

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Das Petitionsrecht ist ein wichtiges Instrument für Bürgerbeteiligung. Aber zwischen hohen Bürgererwartungen und der politischen Realität klafft eine Lücke. Mit einigen Maßnahmen ist diese zu schließen.

Wien. Als Anfang 2013 die Diskussionen im Wiener Rathaus über die Schaffung eines Petitionsrechtes in die Zielgerade gingen, waren die Reaktionen zwiespältig: Von der „Möglichkeit zu Bittgesuchen“ sprachen hämisch einige Bürgerbeteiligungsprofis. Von der Möglichkeit, endlich ein neues Instrument der Partizipation zur Verfügung zu haben, sprachen euphorisch einige Bürgerinitiativen. Die Regierungsparteien Rot und Grün betonten ihre Bürgernähe und sprachen davon, wie wichtig das neue Instrument der „Meinungsbekundung und Mitgestaltung“ für die Bürger ist. FP und ÖVP wiesen darauf hin, dass sie schon lang die Einführung des Petitionsrechts gefordert hatten.
Mittlerweile ist aber Ernüchterung eingetreten. Das zeigt sich einerseits daran, dass die Zahl der eingereichten Petitionen zurückgegangen ist (2013 waren es noch 49, 2014 nur mehr 20, heuer dürfte die Zahl aber wieder etwas steigen). Und es zeigt sich auch daran, dass in Gesprächen mit Initiativen, die eine Petition eingereicht haben, bei vielen Enttäuschung über das Ergebnis und die Behandlung im Petitionsausschuss (PA) herrscht.
Warum ist das so? Und vor allem: Wie kann man das Petitionsrecht aufwerten, auf dass es von vielen Bürgern als effektives Instrument angesehen wird?
Grundsätzlich ist es so, dass eine Petition von 500 Bürgern unterschrieben werden muss, dann wird sie vom Petitionsausschuss im Rathaus behandelt, dann werden Stellungnahmen von Institutionen, Magistrat oder Bezirk eingeholt. Schließlich werden dem Petenten die Ergebnisse mitgeteilt und die Eingabe abgeschlossen. Selten wandert etwas tatsächlich in einen Gemeinderatsausschuss oder gar in den Gemeinderat.
Für die meisten Petitionseinreicher bleibt als Fazit, dass sie zwar etwas Öffentlichkeit bekommen haben – aber der tatsächliche Effekt ist gering und der Frust groß.

Anliegen schon im Bezirk

Was ist also nötig? Erstens sollte der PA mehr Möglichkeit haben, Anliegen an Ausschüsse im Rathaus weiterzugeben. Oder an den Bezirk. Denn tatsächlich könnten viele Anliegen schon auf der Ebene des Bezirks behandelt werden – ohne den Umweg Petitionsausschuss.
Ein weiterer Punkt sind die Stellungnahmen. Derzeit werden meist Magistrat oder Rathaus-nahe Institutionen befragt. Für viele Einreicher frustrierend, weil dies meist Einrichtungen sind, die ihre Anliegen schon abgelehnt haben. Die Möglichkeit, mehr externe, unabhängige Experten zu befragen, wäre ein großer Schritt. Schließlich müsste man das Ladungsrecht ändern – sodass jeder Einreicher vor den Ausschussmitgliedern sein Anliegen persönlich vortragen kann. Der zeitliche Mehraufwand hält sich in Grenzen – und die Betroffenen merken, dass man auf sie hört.
Schließlich sollte der Ausschuss auch entpolitisiert werden. Derzeit hat die rot-grüne Koalition die Mehrheit und entscheidet damit auch, wer vorgeladen wird und was weiter behandelt wird. Der Glaubwürdigkeit des Ausschusses würde es sicher dienen, wenn er „neutral“ wäre, wenn also jede Partei im Ausschuss gleich viel Stimmen hat.
Mit diesen Maßnahmen könnte das Petitionsrecht verbessert werden und der Bürger das Gefühl bekommen, dass er tatsächlich beteiligt und nicht nur beschäftigt wird.

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