US-Atomarsenal verfällt: Bericht ortet "systemische Probleme"

Das nuklear bestückte U-Boot USS Tennessee auf dem Weg zu seiner Basis in Georgia
Das nuklear bestückte U-Boot USS Tennessee auf dem Weg zu seiner Basis in GeorgiaREUTERS
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Untersuchungen haben gravierende Mängel zu Tage gebracht, etwa bei der Wartung der nuklear bestückten U-Boote. Nun sind Milliarden für Abhilfe nötig.

Das US-Atomwaffenarsenal ist offenbar in einem dramatischen Verfall begriffen. Dies wurde durch zwei unabhängig voneinander durchgeführte Studien des US-Verteidigungsministeriums klar, die Pentagon-Chef Chuck Hagel nun zu raschen - und teuren - Notfallmaßnahmen vernlassten. Noch am Freitag wollte Hagel nähere Details dazu bekanntgeben.

Die Studien waren zu dem Schluss gekommen, dass es bei den US-Nuklearwaffen "systemische Probleme" gebe, wie die "New York Times"  berichtete. Eine der Studie wurde von ranghohen Pentagon-Mitarbeitern durchgeführt, die zweite von zwei pensionierten Offizieren. Im Rahmen beider Untersuchungen wurden sämtliche Stationierungsorte von US-Atomwaffen untersucht und 1500 Personen interviewt.

Mängel quer durch die Waffengattungen

Offenbar ziehen sich die Mängel quer durch die Waffengattungen, von den U-Boot-gestützten Atomwaffen über die Raketensilos hin bis zu den nuklearen Langstrecken-Bombern. In mehreren Fällen sind offenbar die Schutztore über den 60 Jahre alten Raketensilos schadhaft, sodass sie nicht mehr ordentlich schließen. Bei den nuklear bestückten U-Booten kam es zu Entpässen bei der Erhaltung, was bedeutete, dass sie nicht so oft patrouillieren konnten, wie es eigentlich vorgesehen ist, um die nuklare Abschreckung aufrechterhalten zu können.

In manchen Fällen soll es sich, wie die Zeitung unter Berufung auf hochrangige Pentagon-Mitarbeiter berichtet, um Probleme handeln, die bereits so lange bestehen, dass sie gar nicht mehr gemeldet würden. Zudem verzettelt man sich offenbar in Mikro-Management, während gravierende Probleme, die schlicht aus dem Alter der Kernwaffenbestände resultierten ignoriert wurden. Dies wiederum führt zu einer großen Frustration bei den Nuklearstreitkräften, wie die Befragungen ergaben: Viele würden nicht mehr damit rechnen, Modernisierungen noch während ihrer aktiven Dienstzeit mitzuerleben. Bemängelt wurden von den Berichten auch schlecht konzipierte Aufnahmetests. Es würde dabei mehr um einen guten Notendurchschnitt gehen als um die Fähigkeit, unter Kriegsbedingungen voll einsatzbereit zu sein.

100 neue Bomber, 400 Atomraketen

Wie viel Geld nötig ist, um die Mängel zu beheben, steht noch nicht fest, aus dem Pentagon verlautete allerdings, dass es sich um einen Milliardenbetrag handeln würde, "allerdings nicht 20 oder 30 Milliarden", sondern weniger. Allerdings hat die Regierung Obama bereits zig Milliarden Dollar budgetiert, um die US-Nuklearlabors auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und veraltete Sprengköpfe zu erneuern. Geplant sind 12 neue Raketen-U-Boote, bis zu 100 neue Bomber - dies entspricht einem Gutteil der strategischen Bomberflotte -, zudem sollen 400 Atomraketen entweder generalüberholt oder überhaupt erneuert werden.

US-Kernwaffenbestände

Das strategische Atomwaffenarsenal der USA betrug (laut den aktuellsten Zahlen von 2009) rund 850 Trägersysteme (davon 113 Bomber, 288 von U-Booten abzufeuernde Raketen und 450 Internkontinentalraketen. Diese Trägersysteme können in Summe 2200 nukleare Sprengköpfe zu ihrem Ziel befördern.

Auch die in Europa stationierten Nuklearwaffen wollen in Bälde erneuert werden. Laut einem älteren Bericht des "Spiegel" vom Frühjahr sollen ab 2020 neue Atombomben vom Typ B61-12 stationiert werden. Von einem Abzug, wie ihn Politiker in Deutschland gelegentlich fordern, ist derzeit keine Rede mehr, statdessen von Modernisierung.

Die Gesamtkosten des US-Atomwaffenarsenals werden vom Monterey Institut für Internationale Studien für die nächsten drei Jahrzehnte auf 1,1 Billionen Dollar geschätzt, ausgeschrieben 1 100 000 000 000.

Dies alles gibt freilich einen merkwürdigen Kontrast ab zu Barack Obamas immer wieder vorgebrachter Vision von einer atomwaffenfreien Welt.

>>> Zum Bericht in der "New York Times"

(hd)

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