Häupl: "Wehrpflicht in Österreich nicht zu halten"

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SPoe Offene Debatte ueber(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Wiens SP-Bürgermeister Häupl fordert eine Volksbefragung über die Wehrpflicht. Unterstützung erhält er von Kanzler Faymann und Verteidigungsminister Darabos.

Die SPÖ schwenkt in der Diskussion um die Wehrpflicht auf eine neue Linie um. Bisher trat sie klar für die Beibehaltung ein, jetzt will sie eine Volksbefragung.

Gestartet wurde der Vorstoß von Wiens Bürgermeister Michael Häupl. Er forderte in der Dienstag-Ausgabe der "Kronen Zeitung" eine Volksbefragung über die Wehrpflicht. Bei einem so wichtigen Thema müsse man die Stimme des Volkes hören", so Häupl. Die Rahmenbedingungen für das neutrale Österreich hätten sich in den vergangenen Jahren "drastisch" geändert. Österreich liege "mittlerweile inmitten der EU und des Schengenraumes". Darüber hinaus gebe es in den meisten Ländern Europas Berufsheere.

Am Dienstag legte Häupl dann noch nach: "Ich gehe davon aus, dass die Wehrpflicht in Österreich nicht zu halten ist", prognostizierte er "unabhängig von persönlichen Wünschen". Einer Volksbefragung müsse aber eine "wohlvorbereitete" Diskussion vorangehen, so Häupl.

Grundwehrdienst

Die Zahl der Grundwehrdiener beträgt im Schnitt 12.000, über das Jahr verteilt werden zwischen 26.000 und 27.000 Wehrpflichtige einberufen. Der Präsenzdienst läuft sechs Monate. Die Rekruten werden unter anderem für Katastropheneinsätze und den umstrittenen Assistenzeinsatz im östlichen Grenzraum herangezogen.

Faymann und Darabos unterstützen Vorstoß

Für Häupls Vorstoß gab es noch am Montagabend breite Unterstützung von den Parteigenossen. Alle Fakten und Argumente gehörten auf den Tisch gelegt und genau überprüft, forderte Verteidigungsminister Norbert Darabos: "Wir sollten das Thema offen und ohne Tabus diskutieren." Am Ende dieser Debatte solle auch eine Volksbefragung stehen. Bis dahin werde es aber mindestens eineinhalb Jahre dauern, so Darabos. Er selbst sei weiterhin für die Wehrpflicht, betonte der Minister.

Auch Bundeskanzler Werner Faymann unterstützt den Vorstoß: "Bürgermeister Michael Häupl und Minister Norbert Darabos haben meine volle Unterstützung. Denn direkte Demokratie ist nicht nur etwas für Sonntagsreden, die sollte auch gelebt und eingesetzt werden - gerade bei Themen, die unsere Bevölkerung besonders stark interessieren". Die Diskussion über die Wehrpflicht werde jedenfalls mit offenem Ende geführt, sagte Faymann.

Klubobmann Josef Cap sagte in der "ZiB 2", der Vorschlag von Häupl sei ein "sehr zeitgemäßer". In der SPÖ habe es in der Vergangenheit viele unterschiedliche Meinungen gegeben - aber er könne sich vorstellen, dass seine Partei von der Unterstützung für die Wehrpflicht abgeht, wenn die Volksbefragung eine diesbezügliche Mehrheit ergibt, sagte Cap. An einen Alleingang ohne ÖVP denke man freilich nicht.

Die ÖVP kritisiert Häupls Vorschlag: Sie sprach am Dienstag von einem"plumpen Wahlkampf-Gag" und einem "Hin-und-Her-Tanzen" der SPÖ.

Bereits 1999 versprachen SPÖ und ÖVP Abschaffung der Wehrpflicht

Häupls Vorschlag kommt in der Woche vor der Wien-Wahl. Der Bürgermeister räumte in der "ZiB 2" ein, dass der Zeitpunkt "nicht unbedingt ein Zufall" sei. Aber die Diskussion werde jetzt geführt, und da habe er sich eingemischt.

Entwicklung der Wehrpflicht seit 1955
Entwicklung der Wehrpflicht seit 1955(c) APA

Schon einmal - vor ziemlich genau elf Jahren - hat eine bevorstehende Wahl für einen Schwenk damals beider Regierungsparteien in Richtung Abschaffung der Wehrpflicht gesorgt. Vor der Nationalratswahl vom 3. Oktober 1999 beteuerten sowohl Bundeskanzler Viktor Klima (SPÖ) als auch Vizekanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), dass die Wehrpflicht nach der Wahl abgeschafft wird. Geschehen ist dies freilich nicht - zumal die ÖVP damals in Koalition mit der FPÖ und die SPÖ in die Opposition ging.

SPÖ und ÖVP schwenkten in der Folge wieder zum Bekenntnis zur allgemeinen Wehrpflicht zurück. Zuletzt beteuerten Darabos und VP- Außenminister Michael Spindelegger beim Ministerrat vor zwei Wochen, dass die Wehrpflicht außer Diskussion stehe.

(APA/Red.)

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