Bürokratieabbau: Aufschrei um gepiesackte Gastwirte

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Wirtschaftsminister Mitterlehner werkt an einer neuen Gewerbeordnung und Vereinfachung. Heuer im Herbst sollen rund 170 Maßnahmen mit diversen Gesetzesänderungen umgesetzt werden.

Wien. An den großen Brocken – Stichwörter Schulverwaltung und Lehrerkompetenzen – hat sich die Bundesregierung an den Bundesländern die Zähne ausgebissen, oder sie bemüht sich – Stichwort Spitalsreform –, bis zur Wahl 2013 ein Paket zu schnüren. Vorerst probiert es die SPÖ-ÖVP-Koalition nun, in kleinen Schritten auf dem Weg zu einer Verwaltungsreform mit den Ländern vorwärtszukommen. 330 solcher Maßnahmen, um Bundes- und Landesbedienstete von überflüssigen bürokratischen Tätigkeiten zu entlasten, haben die Länder in einem Papier dem Bund bereits vor mehr als einem Jahr vorgeschlagen.

Diese Liste, die der „Presse“ vorliegt, ist mittlerweile in Angriff genommen worden. Heuer im Herbst sollen, wie jetzt in Regierungskreisen bestätigt wird, rund 170 Maßnahmen mit diversen Gesetzesänderungen umgesetzt werden. Einen Eckpfeiler wird dabei der Entwurf für eine neue Gewerbeordnung bilden.

Die Bundesländer sind jedenfalls bemüht, mit ihrem Papier, das in der Arbeitsgruppe zur Verwaltungsreform überreicht wurde, den Eindruck zu zerstreuen, sie würden alle Reformanläufe abblocken. Die Liste reicht von A wie Abfallwirtschaftsgesetz bis Z wie Zivildienstgesetz.

Die Umsetzung ist eine recht mühselige Angelegenheit. Derzeit sind die jeweils zuständigen Ministerien damit beschäftigt, etwaige Änderungen genau unter die Lupe zu nehmen.

Kanzleramt erteilt Sprechverbot

Insgesamt 38 Einzelmaßnahmen wurde bereits bis zum Herbst 2010 erledigt. Ein Beispiel: die Möglichkeit der Ratenzahlung von Organstrafmandaten mittels Einzugsermächtigung, was Bezirkshauptmannschaften Kontrollarbeit erspart.

Bundeskanzler Werner Faymann leitet grundsätzlich die Arbeitsgruppe zur Verwaltungsreform. Das Kanzleramt ist es jetzt auch, das zumindest den SPÖ-geführten Ressorts ein Sprechverbot über weitere Ergebnisse erteilt hat. Wie „Die Presse“ dennoch aus verlässlicher Quelle erfahren hat, wird es noch im dritten Quartal dieses Jahres, also bis Ende September, einen Bericht an den Ministerrat über den Stand der Arbeiten geben. Derzeit laufen regierungsintern gerade die Erhebungen, wie weit die einzelnen Ministerien schon sind.

Einige Ressorts kommen dabei gehörig ins Schwitzen, weil sich in deren Bereich besonders viele Überschneidungen mit Länderkompetenzen ergeben. Das betrifft beispielsweise Umwelt- und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlaovich (ÖVP) mit dem Abfallwirtschaftsgesetz oder dem Wasserrecht, aber auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Auf SPÖ-Seite gilt dies für Gesundheitsminister Alois Stöger beim Krankenanstaltengesetz oder für Verkehrs- und Infrastrukturministerin Doris Bures beim Straßenverkehr und den Kraftfahragenden.

Allein zur Gewerbeordnung, für die im Bund der Wirtschaftsminister zuständig ist, haben die Länder mehr als 20 konkrete Vorschläge unterbreitet. Eines der angeführten Beispiele betrifft den Brandschutz in kleineren Gasthöfen mit höchstens 25 bis 30 Betten. Dabei wird eine Ausdehnung jener Betriebsanlagen, die nicht genehmigt werden müssen, angeregt. Begründung im Länderpapier: Dort würden Kunden- und Brandschutzinteressen ohnehin schon durch die Baubewilligungsverfahren gewahrt. Vorteil: der Entfall von Doppelgleisigkeiten.

Mitterlehner plant nach Beratungen mit den Bundesländern in einzelnen Arbeitsgruppe eine Novelle der Gewerbeordnung. Ein Entwurf soll im Laufe des heurigen Herbsts vorliegen. Im Zuge des – lange umstrittenen – Ökostromgesetzes wurden bereits Länderwünsche für eine unbürokratischere Abwicklung berücksichtigt.

„Klarere“ Rauchverbotsregeln

Mitunter geht es allerdings um viel brisantere und nicht nur zwischen Ländern und Bund umstrittene Materien. Dies gilt speziell für das Tabakgesetz mit dem Rauchverbot und dem Schutz für Nichtraucher in Gaststätten. Laut dem Länderpapier werden „klarere Bestimmungen“ für das Rauchverbot in Gaststätten verlangt. Klingt einfach, einen gemeinsamen Nenner für eine Änderung zu finden ist in diesem Fall allerdings äußerst schwierig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2011)

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Für manche in der SPÖ zählt nur die Macht, wie sich bei der Verwaltungsreform zeigt.

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