Islamisten-Szene: Die Hassprediger von "Londistan"

Großbritannien zählt zu den wichtigen europäischen Terror-Zentralen.

WIEN/LONDON. Sie sind nur eine kleine Minderheit, doch sie haben das Leben der etwa zwei Millionen britischen Moslems seit den Anschlägen vom 11. September 2001 beträchtlich erschwert: die radikalen Islamisten in Großbritannien. Laut Experten gehört die Insel zu den wichtigsten europäischen Zentren des internationalen islamischen Terrornetzwerks.

Das Land beherbergt traditionell eine Vielzahl von Exilgruppen aus arabischen und asiatischen Ländern. Ihre politischen Tätigkeiten wurden von den Behörden immer geduldet. Wegen der zahlreichen Veteranen aus Kriegen in Vorderasien und Nordafrika wurde die britische Hauptstadt auch "Londistan" genannt.

Seit den Terrorattacken auf die USA hat sich der Wind gedreht. Verstärkt stand seitdem die moslemische Gemeinschaft unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden, im Rahmen der neuen Anti-Terror-Gesetze wurden hunderte Verdächtige festgenommen, 17 verurteilt. Internationales Aufsehen erregte eine Razzia in London im Jänner 2003: Die Polizei fand in einer Wohnung mehrere giftige Substanzen, darunter Rizin. Offenbar hatte eine der al-Qaida nahe stehende Gruppe einen groß angelegten Anschlag geplant.

Als besonders fruchtbarer Nährboden für Extremisten galt jahrelang die berüchtigte "North London Central Mosque" im Stadtteil Finsbury Park. Hier predigte Imam Abu Hamza al-Masri. In aller Öffentlichkeit warb "Captain Hook" - so wurde der Hassprediger in der britischen Presse wegen des Metallhakens, den er statt einer Hand hat, genannt - für den Dschihad. "Viele Menschen werden jetzt sehr glücklich sein, auf und ab springend vor Freude", reagierte er auf den 11. September 2001.

Hamzas berühmteste Schüler: der "Schuhbomber" Richard Reid, der im Dezember 2001 ein US-Passagierflugzeug auf dem Weg von Paris nach Miami in die Luft sprengen wollte; Zacarias Moussaoui, der "20. Attentäter" des 11. September; Feroz Abbasi, der in den USA Terroranschläge geplant haben soll und deswegen in Guantanamo Bay festsitzt.

Dank der liberalen Gesetze zur Meinungsfreiheit konnte Hamza jahrelang seine Hassbotschaft verbreiten. Im Februar 2003 schloss die britische Regierung die Moschee; seitdem predigte Hamza auf der Straße. Im Mai 2004 wurde er festgenommen. Unter anderem wird ihm vorgeworfen, Attentäter für den Irak rekrutiert zu haben. Die USA fordern seine Auslieferung: Hamzas sei ein al-Qaida-Mitglied, habe 1999 in Oregon ein Ausbildungslager für Terroristen betrieben, soll eine Geiselnahme im Jemen unterstützt haben und sei ein "Ratgeber" für Terroristen aller Welt. Die Briten wollen Hamzas nicht ausliefern, da ihm in den USA die Todesstrafe droht.

Ebenfalls in London predigte jahrelang der Palästinenser Abu Qatada, geistiger Führer der Extremistengruppe Al-Tawhid. Er soll Kontakte zur "Frankfurter Gruppe" gehabt haben, die einen Anschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt geplant hatte. Qatada saß zwei Jahre in London im Gefängnis - im März wurde er gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Zitate aus den Predigten des Palästinensers: "Ein Verhältnis von Schwert und Blut ist das einzig mögliche zwischen Moslems und Ungläubigen."

Ein notorischer Hassprediger mit mutmaßlichen Kontakten zur al-Qaida ist ferner der Syrer Omar Baki Mohammed, geistiger Führer der Extremistengruppe Muhajirun. Die Bewegung wird verdächtigt, junge Männer für den Kampf in Afghanistan, Irak, Kaschmir und Tschetschenien rekrutiert zu haben.

Zur Person: Abu Hamza

Der Ägypter Abu Hamza al-Masri heiratete 1981 eine Britin und wurde britischer Staatsbürger. Nach seiner Scheidung 1986 sympathisierte er mit dem radikalen Islamismus und kämpfte in Afghanistan, wo er ein Auge und eine Hand verlor.
1999 wurde er von Scotland Yard wegen einer Geiselnahme in Jemen verhört. Später gründete Hamza die Islamistengruppe "Supporters of Sharia", die sich für die Einführung des islamischen Rechts in Europa einsetzt. Bis zu seiner Festnahme im Mai 2004 predigte Hamza in London den Dschihad.

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