Israel vor den "offenen Toren der Hölle"

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Israel vor den "offenen Toren der Hölle"REUTERS
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Eskalation in Gaza. Zwei Monate vor der Parlamentswahl reagiert Israels Regierung mit Härte auf die Bombardements der Hamas. Die Streitkräfte greifen Raketenstellungen und die Führung der Islamisten an.

[JERUSALEM/WIEN/KNA/RED.] Die Beerdigung von Ahmed al-Jabari war noch nicht vorbei, schon gab es neue Tote im Gazastreifen: 15 Opfer, darunter mehrere Kinder, zählten die Palästinenser am Donnerstag. Zum ersten Mal seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen gab es auch Tote auf israelischer Seite. Zwei Männer und eine Frau starben bei einem Raketenangriff auf die Kleinstadt Kirjat Malachi, 30 Kilometer nordöstlich vom Gazastreifen. Über 250 Raketen regneten bis zum Nachmittag auf Israel herab. Offenbar waren aus Sicht der Hamas das die „geöffneten Tore der Hölle", mit denen ein Hamas-Sprecher zuvor gedroht hatte - als Rache für den Tod ihres Militärchefs al-Jabari.

Alarm in Tel Aviv

Über 250 Raketen regneten bis zum Nachmittag auf Israel herab, am Abend gab es auch Alarm in Tel Aviv - zum ersten Mal seit dem Golfkrieg 1991. Eine Rakete sei im Meer vor der Metropole eingeschlagen, so die Armeeführung, die Organisation Islamischer Jihad bekannte sich zu dem Angriff.

Der 52-jährige al-Jabari war das erste Opfer von Israels Feldzug. Der Hamas-Militärchef starb am Mittwoch bei einem Angriff auf seinen Pkw. Israels Ziel bei der Operation lautet, die „Köpfe des Terrors" zu treffen. Die Infrastruktur der Organisation soll geschwächt werden. Die Armee sei bereit, die Operation „noch sehr deutlich auszuweiten", sagte Premier Benjamin Netanjahu.

Begonnen hatte die neue Welle der Gewalt vor gut einer Woche, als Extremisten eine israelische Armeepatrouille angriffen und einen Soldaten lebensgefährlich verletzten. Mit der Tötung al-Jabaris reagierte Netanjahu auf den Druck in der Bevölkerung, dem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen mit harter Hand zu begegnen. Immerhin sollen in zwei Monaten in Israel Neuwahlen stattfinden.

So vage der Auftrag der Armee formuliert ist, so wenig ist abzuschätzen, wann die Mission als erfüllt erklärt werden kann. Auch eine Bodenoffensive wird nicht ausgeschlossen. Hier ginge es nicht um „einmal kurz zuschlagen und Schluss", sagte Verteidigungsminister Ehud Barak. Nach Informationen der Armee sei die Gefahr durch iranische Fadsch-Raketen, die bis in den Großraum Tel Avivs reichen und über die die Hamas verfügt, weitgehend gebannt.

Transportminister Israel Katz warnte sogar davor, dass auch Hamas-Regierungschef Ismail Hanijeh zum Ziel werden könnte. Hanijeh seinerseits appellierte an die Führung in Kairo, sich für ein Ende der Gewalt einzusetzen.

Mit Flugblättern warnte Israels Luftwaffe die Zivilbevölkerung des Gazastreifens vor Angriffen und rief dazu auf, sich von Kämpfern und Einrichtungen der Hamas fernzuhalten. Die Hamas sei verantwortlich für die Gewalt in der Region, heißt es. Israels Armee sei bereit, die Bürger des Staates Israel zu verteidigen. In Israel wurden am zweiten Tag der Operation auch kritische Töne gegenüber der Regierung laut. Als „strategischen Fehler" bezeichnet die liberale Zeitung „Haaretz" den Angriff auf al-Jabari.

„Genug ist genug!"

„Es war wichtig, der Hamas zu zeigen: Genug ist genug!", sagte am Donnerstag Israels Botschafter in Österreich, Aviv Shir-On, vor Journalisten. Er hoffe aber, dass diese Runde der Feindseligkeiten so rasch wie möglich vorbei sei.

Für Botschafter Shir-On stehe die neue Eskalation im Gazastreifen auch in Zusammenhang mit dem innerpalästinensischen Machtkampf: Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas hat - sehr zum Unmut Israels - angekündigt, Ende November in der UN-Vollversammlung über einen Palästinenserstaat abstimmen zu lassen. Deshalb habe der Konkurrent Hamas die Raketenangriffe auf Israel intensiviert, um klarzustellen, wer das Sagen hat.

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