Die deutsche Bundeskanzlerin rügt beim Treffen mit Staatschef Wladimir Putin die Gängelung der russischen Zivilgesellschaft. Putin wiederum versuchte, den Spieß umzudrehen.
Moskau/Ag. Der „Petersburger Dialog“ gilt gemeinhin als Gelegenheit, die deutsch-russischen Beziehungen zu vertiefen, ohne auf kontroverse Tagesthemen eingehen zu müssen. Der gestrige Meinungsaustausch zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Staatschef Wladimir Putin stand allerdings von Anfang an unter keinem guten Stern – denn die Deutschen ließen schon im Vorfeld des Treffens wissen, dass sie den wachsenden staatlichen Druck auf die russische Zivilgesellschaft anzusprechen gedenken. Und so kam es dann auch: In Deutschland würde ein Verhalten wie von Sängerinnen der Punkband Pussy Riot zwar auch debattiert – sie würden aber nicht wie in Russland zwei Jahre in ein Arbeitslager kommen, sagte Merkel. Die Punk-Aktivistinnen wurden wegen einer Protestaktion gegen Putin in einer Moskauer Kirche zu Haftstrafen verurteilt.
Putin wiederum versuchte am Freitag, den Spieß umzudrehen, bezeichnete die Pussy-Riot-Sängerinnen als „antisemitisch“ und forderte von Merkel – stellvertretend für die EU – die Visafreiheit für russische Bürger. Der Status quo sei ein Hemmnis für die bilateralen Beziehungen. Außenminister Guido Westerwelle bezeichnete die Visafreiheit allerdings als „Fernziel“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2012)