"Geburtsurkunde": Palästina ist UN-Beobachterstaat

UN-Vollversammlung: Beobachterstatus für Palästina
UN-Vollversammlung: Beobachterstatus für PalästinaAP
  • Drucken

Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung votierten 138 der 193 Mitgliedsstaaten für den Antrag der Palästinenser auf Aufwertung. Die USA sprechen von einem "kontraproduktiven" Schritt.

Gegen den scharfen Widerstand der USA und der israelischen Regierung hat die Weltgemeinschaft Palästina faktisch anerkannt. Die UNO-Vollversammlung stimmte am Donnerstag für eine Aufwertung der Palästinenser zum Beobachterstaat ("Non-member-state"). Für den Antrag stimmten 138 Staaten, neun votierten dagegen, 41 enthielten sich der Stimme.

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas erzielt damit seinen bisher größten diplomatischen Erfolg - und das nur wenige Tage nach Ende des Gaza-Konflikts, der ihn politisch weiter an den Rand gedrängt hatte.

Bei der Anerkennung als Beobachterstatus handelt es sich zwar nicht um die bei der Vollversammlung vor einem Jahr noch angestrebte Vollmitgliedschaft. Doch der Status gilt als wichtiges Instrument im Nahost-Konflikt: Palästina kann nun internationalen Verträgen beitreten und so etwa den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag anrufen. Auch war der Beobachterstatus in der Vergangenheit für viele Länder ein Sprungbrett zur Vollmitgliedschaft.

Europa uneinig

Die Europäische Union zeigte sich in der Frage gespalten. So signalisierten 14 hauptsächlich westeuropäische Länder, darunter auch Österreich, ein "Ja" für die Aufwertung Palästinas. Deutschland, Großbritannien und osteuropäische Staaten enthielten sich. Tschechien stimmte als einziger Unionsstaat gegen den Antrag.

Israel und die USA lehnen die Aufwertung des Status der Palästinenser bei den Vereinten Nationen ab, solange diese keinen Frieden mit Israel schließen. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach von einem "unglücklichen und kontraproduktiven" Schritt, da einem Friedensschluss Steine in den Weg gelegt worden seien. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verurteilte die Rede von Palästinenserpräsident Abbas vor der UNO als "feindselig und giftig". Das seien nicht die Worte eines Mannes, der sich um Frieden bemühe. Die Entscheidung habe keine Bedeutung, sie ändere nichts am Status quo.

Abbas: "Flut von Bedrohungen aus Israel"

Abbas hatte zuvor von der UNO-Vollversammlung die Anerkennung eines Staates Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt verlangt. "Ich rufe die Vollversammlung auf, heute die Geburtsurkunde eines Staates Palästina auszustellen", sagte er. "Wir werden nicht weniger akzeptieren als die Unabhängigkeit eines Staates Palästina mit Ost-Jerusalem als seiner Hauptstadt - auf dem gesamten Territorium, das 1967 besetzt wurde - um in Frieden und Sicherheit neben Israel zu leben."

Abbas erhob aber schwere Vorwürfe gegen Israel: "Wir kommen zu Ihnen noch mit offenen Wunden von der jüngsten israelischen Aggression. Wir begraben noch unsere Märtyrer", sagte er. "Unsere friedlichen politischen und diplomatischen Bemühungen um Anerkennung als Beobachterstaat wurden von Israel mit einer Flut von Bedrohungen beantwortet", sagte Abbas. Einige dieser Drohungen seien "in barbarischer und furchtbarer Weise umgesetzt worden, gerade vor wenigen Tagen in Gaza".

Die Hamas, die im Gazastreifen regiert, erklärte die Anerkennung Palästinas zu einem Schritt hin zur "Vereinigung der nationalen Anstrengungen der Palästinenser". Hamas-Chef Khaled Meshaal sagte, es könne nun eine Aussöhnung mit der Fatah geben, die im Westjordanland an der Macht ist. "Ich bin optimistisch", sagte Khaled Meshaal der Nachrichtenagentur Reuters. Es gebe eine neue Stimmung, die eine gemeinsame Führerschaft erlaube.

Israels UNO-Botschafter Ron Prosor warf den Palästinensern vor, entgegen ihren Beteuerungen nicht den Frieden zu suchen. "Israel will Frieden. Wir haben immer wieder die Hand ausgestreckt. Die Antwort waren Zurückweisung, Gewalt und auch Terrorismus", sagte der Diplomat. Die Palästinenser hätten jedes Zugeständnis für neue Aggressionen genutzt. "Der Gazastreifen hat sich zu einer einzigen Raketenabschussbasis gegen Israel entwickelt. Und wir werden nicht zulassen, dass es eine Basis für den iranischen Terrorismus wird."

(APA/Reuters/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Human Rights Watch Israel
Außenpolitik

Human Rights Watch: Israel verletzte Kriegsrecht

Der Angriff auf ein Haus im Gazastreifen mit mehreren toten Kindern sei "illegal" und "unverhätlnismäßig" gewesen, erklären die Menschenrechtler.
Netanjahu in Berlin
Außenpolitik

Netanjahu in Berlin: Ein Treffen von enttäuschten Freunden

Israels Siedlungspolitik und die deutsche Enthaltung bei der UN-Abstimmung zu Palästina sorgen für Verstimmung auf beiden Seiten. Deutschland sitzt nun zwischen allen Stühlen.
Nach UNOVotum Lieberman kommt
Außenpolitik

Netanjahu ist von Merkel "enttäuscht"

Israels Ministerpräsident kritisiert das deutsche Abstimmungsverhalten in der UN-Vollversammlung zum Status der Palästinenser. Die Enthaltung Deutschlands habe den Frieden in der Region "zurückgeworfen".
Weitere Siedlungspläne: Israel ignoriert Proteste
Außenpolitik

Weitere Siedlungspläne: Israel ignoriert Proteste

Im Nordosten Jerusalems sollen zusätzliche 1600 Wohneinheiten gebaut werden. Die internationale Gemeinschaft fordert Zurückhaltung in der Siedlungspolitik.
Paris London zitieren israelische
Außenpolitik

Paris und London bestellen israelische Botschafter ein

Die jüngsten Siedlungspläne sorgen für internationale Proteste. Auch Deutschland verurteilt Israels Vorgehen mit ungewöhnlich scharfen Worten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.