Ägypten: Militär ruft zum Dialog auf

AP
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Die Armee meldet sich erstmals in der jüngsten politischen Krise zu Wort und warnt "katastrophalen Folgen". Präsident Mursi will unterdessen die Befugnisse der Streitkräfte erweitern.

Nach tagelangen schweren Ausschreitungen hat das ägyptische Militär Gegner und Anhänger von Präsident Mohammed Mursi zur Ruhe ermahnt. Beide Seiten sollten ihre Differenzen friedlich beilegen, forderte ein Armeesprecher am Samstag. "Die bewaffneten Streitkräfte bekräftigen, dass Dialog der beste und einzige Weg ist, um einen Konsens zu erreichen", sagte er. Ansonsten drohe eine Katastrophe. "Und das ist etwas, was wir nicht zulassen werden", unterstrich der Sprecher.

Die Erklärung ist die bisher deutlichste Stellungnahme des Militärs in dem Machtkampf zwischen den verfeindeten Lagern. Sie sei aber nicht als Signal zu verstehen, dass die Armee vorhabe, auf die politische Bühne des Landes zurückzukehren oder sich dort einzumischen, wurde im Umfeld von Offizieren betont. Vor dem Präsidentenpalast harrten unterdessen trotz massiver Militärpräsenz weiter zahlreiche Gegner Mursis in Zelten aus.

Der Sprecher sagte, dass das Militär seine Pflicht darin sehe, "die höheren Interessen des Landes zu erhalten" und "öffentliche Institutionen sowie die Interessen unschuldiger Bürger" zu schützen. Die Ägypter könnten ihre Ansichten auch ohne Ausübung von Gewalt zum Ausdruck bringen. Mursi wurde in der im staatlichen Radio und Fernsehen verlesenen Stellungnahme nicht erwähnt. Es hieß darin allerdings, eine Lösung der politischen Krise sollte nicht im Widerspruch zu den "Regeln der Demokratie" stehen.

Streit um Machtbefugnisse des Präsidenten

Mursis Gegner werfen dem Staatsoberhaupt vor, mit der per Dekret im November beschlossenen Erweiterung seiner Machtbefugnisse de facto eine Diktatur aus der Taufe zu heben. Sie laufen außerdem gegen einen angestrebte Verfassung Sturm, die ihrer Ansicht nach zu sehr die Handschrift der Muslimbrüder trägt und über die Mitte Dezember in einem Referendum abgestimmt werden soll. Mursi ist zwar entgegen früherer Aussagen unter bestimmten Bedingungen mittlerweile offenbar bereit, den Termin zu verschieben. Ob das reicht, um die Opposition zu besänftigen, gilt jedoch als höchst fraglich. Ein Gesprächsangebot Mursis hatte sie am Freitag ausgeschlagen.

In den vergangenen Tagen war es unter anderem vor dem Präsidentenpalast zu heftigen Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis gekommen. Mehrere Menschen wurden getötet. Daraufhin war das Militär angerückt, um die Lage zu beruhigen. Dies hatte Spekulationen geweckt, die Armee könne sich auf die Seite Mursis schlagen.

Polizeiaufgaben für Armee

Das Militär war in Ägypten bis zum Sturz Hosni Mubaraks Garant der Macht des Präsidenten. In den Monaten nach Mubaraks Abgang führte es das Land übergangsweise mehrere Monate bis zur Wahl Mursis. In dem aktuellen Machtkampf hielt es sich bis vor wenigen Tagen zurück.

Nun aber soll die Armee einem Pressebericht zufolge nach Plänen Mursis sogar Polizeiaufgaben übertragen bekommen. Die staatliche Tageszeitung "Al-Ahram" berichtete am Samstag, das Kabinett habe eine entsprechende Rechtsvorschrift erlassen. Demnach soll die Armee dabei helfen, "die Sicherheit aufrechtzuerhalten und zentrale Staatseinrichtungen zu schützen". Sie solle dabei unter anderem zu Festnahmen befugt werden. Ab wann die Änderung gilt, wurde in dem Bericht nicht genannt.

(APA/AFP)

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