USA: Susan Rice gibt Barack Obama einen Korb

(c) REUTERS (STEPHEN LAM)
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Nach dem Verzicht der UN-Botschafterin Rice ist Ex-Präsidentschaftskandidat Kerry Top-Favorit für den Posten des Außenministers. Als Verteidigungsminister ist nunmehr der Republikaner Chuck Hagel im Gespräch.

Washington. John McCain war zum Scherzen aufgelegt. „Herr Minister“, sprach der republikanische Senator seinen demokratischen Kollegen an, als er John Kerry neulich bei einer Pressekonferenz vorstellte. In seiner Retourkutsche witzelte Kerry zurück: „Thank you, Mr. President.“ Selbstironisch fügte er hinzu: „Das kommt davon, wenn man zwei Loser auf die Bühne lässt.“ 2004 hatte Kerry die Präsidentschaftswahl verloren, 2008 tat es ihm McCain gleich.

Jetzt kosten beide ihren Triumph aus: McCain ganz offen, Kerry im Stillen. Denn McCain dürfte mit seiner vorwitzigen Begrüßung seiner Zeit voraus gewesen sein. Mit seinem vehementen Widerstand bewog er UN-Botschafterin Susan Rice nun zum Rückzug als Kandidatin für das Amt der Außenministerin. Präsident Barack Obama hatte sie zwar noch nicht offiziell nominiert, doch sie galt als seine erste Wahl. Somit dürfte der Weg frei sein für John Kerry, den zweiten Favoriten.

Undiplomatische Diplomatin

In einem Brief an den Präsidenten begründete Obama-Vertraute Rice ihren Verzicht. Ihr Hearing im Senat würde einen bitteren, monatelangen Konflikt mit den Republikanern nach sich ziehen, der in politisch sensiblen Zeiten Themen wie Immigrationsreform oder die Steuer- und Sparpolitik überdecken würde. Sie sei eine Kämpferin, aber das Staatswohl habe Priorität. Dem Präsidenten kommt die Entscheidung gelegen, denn er steckt im Finanzstreit um das sogenannte „Fiscal Cliff“ mitten in einem Machtkampf mit den Republikanern um höhere Steuern und Einschnitte bei den Sozial- und Rüstungsprogrammen (siehe nebenstehenden Artikel). Verbal bot er Rice volle Rückendeckung. „Wenn sich die Senatoren McCain und Graham mit Susan Rice anlegen wollen, sollen sie sich gleich mit mir anlegen.“ McCain und sein „Amigo“ Lindsey Graham hatten Rice in der „Bengasi-Affäre“ scharf attackiert und angekündigt, ihre Nominierung zu blockieren. In den Sonntags-Talkshows hatte sie als Vertreterin der Regierung die offizielle Linie verteidigt, wonach es sich beim Angriff auf das US-Konsulat in Libyen im September um spontane Proteste gehandelt habe, die außer Kontrolle geraten seien. Erst später gestand das Weiße Haus einen terroristischen Hintergrund ein.

Ihren Angaben zufolge referierte Rice indessen nur die Erkenntnisse der CIA. Ex-Außenministerin Madeleine Albright, eine Mentorin Rices – Schulfreundin ihrer Kinder –, monierte die unfaire Kampagne gegen Rice, andere sprechen von einer Washingtoner Kabale. Zugleich deuten manche an, die UN-Botschafterin sei zu brüsk und undiplomatisch für die internationale Diplomatie auf höchster Ebene. Dem inzwischen verstorbenen US-Afghanistan-Sonderbotschafter Richard Holbrooke zeigte sie in der Hitze des Wortgefechts den Mittelfinger.

Vietnam-Veteran fürs Pentagon?

Als Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses des Senats, als geheimer Unterhändler des Weißen Hauses in Afghanistan und Pakistan ist Ex-Präsidentschaftskandidat John Kerry höchst qualifiziert – und er hat leichtes Spiel bei seinen republikanischen Senatskollegen. Der 69-Jährige, als steif und arrogant verschrien, bereitete Obama im Herbst als Sparringpartner für die TV-Duelle gegen Mitt Romney vor – und er verhalf ihm beim Parteitag 2004 in Boston zu seinem nationalen Durchbruch. Für das Verteidigungsministerium zieht Obama abermals einen Republikaner in Erwägung: Ex-Senator Chuck Hagel, wie Kerry ein Vietnam-Veteran, mit dem sich Obama bei Senatstrips ins Ausland anfreundete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2012)

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