Lockheed Martin bastelt an revolutionärer Luft-Luft-Rakete

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Die „Cuda“ soll weit kleiner sein als bisherige Waffen und so die Feuerkraft amerikanischer Kampfjets vervielfachen.

WIEN. Der frühere russische Testpilot beim Flugzeughersteller Mikojan-Gurewitsch (MiG), Pawel Wlassow, brachte die Sache einst im Gespräch mit dem österreichischen Luftfahrtjournalisten Georg Mader recht grimmig auf den Punkt: „Diese neuen amerikanischen Stealth-Jets mit ihren kleinen „stealthy“ Waffenschächten mit sechs Raketen drin werden in einem echten Konflikt bald leer sein, während unsere Maschinen Salven von je zwei Raketen abfeuern, und das sechs mal. Und was macht der kleine Stealth-Angeber mit seinen leeren Schächten dann? Sterben!“

Wlassow (*1960 nahe Charkow in der Ukraine), der 1998 zum Helden der Russischen Föderation ernannt wurde und seit 2002 das Schukowski-Flugversuchsinstitut leitet, sprach damit ein grundsätzliches Problem der US-Luftwaffenrüstung an. Simpel gesagt: Jene ultramodernen Kampfjets der Typen F-22 „Raptor“ und F-35 „Lightning II“ (auch: „Joint Strike Fighter“) die in den kommenden Jahren die aktuellen Modelle der USA wie die ehrwürdigen F-16 und F-18 ablösen sollen, sind im Vergleich zu ihren modernsten russischen und chinesischen Jägerkollegen zu schwach bewaffnet – und würden in einem längeren Luftkampf wohl den kürzeren ziehen.

Dahinter wieder steckt das Problem, dass F-22 und F-35 explizit als im Radar unsichtbare „Tarnkappen“-Jets (Stealth-Jets) gestylt sind, daher sollten sie außen keine Lasten wie Raketen und Bomben tragen, weil diese Radarwellen stark reflektieren und so die Tarnkappe des Flugzeugs lüpfen. Ihre Waffen führen sie daher im Regelfall in Schächten im Flugzeuginneren mit, die nur beim Start einer Waffe kurz aufklappen.

Die Schächte aber sind beengt: In einer ultramodernen, sündteuren „Raptor“ haben sechs Mittelstrecken-Luft-Luft-Raketen vom Typ „AMRAAM“ (Advanced Medium Range Air-to-Air Missile, Reichweite je nach Variante etwa 54 bis 200 Kilometer) Platz, dazu zwei Kurzstreckenraketen wie die „Sidewinder“ (Reichweite bis etwa 35 km). In den Schacht einer F-35 passen sogar nur vier Raketen. Ihre potenziellen Gegner dagegen sind richtiggehend waffenstarrend, ein russischer Jäger vom Typ Suchoi Su-30MK etwa kann, wie erwähnt, gleich zwölf Luft-Luft-Raketen tragen. Das tut er zwar auf externen Startschienen (Pylonen), doch die Russen (aber auch Europäer und Chinesen) halten im Vergleich zu den Amerikanern im großen und ganzen wenig von perfekter Stealth-Technik: Sie setzen auf extreme Beweglichkeit, um Raketen ausweichen zu können, und überlegene Bewaffnung, die ein wahres Salvenschießen ermöglicht.

Blick in den geöffneten Waffenschacht einer F-35.
Blick in den geöffneten Waffenschacht einer F-35.(c) Georg Mader

Die erwähnten russischen Suchois aber fliegen auch schon in Ländern wie Algerien, Venezuela, Uganda, Indien oder eben China. Und wiederholt haben in den vergangenen Jahren reale Luftkampfmanöver und computersimulierte Luftkriege ergeben, dass die US-Jets angesichts der modernen Suchois nicht toll abschneiden. Die legendäre Simulation eines möglichen Kriegs zwischen (großteils Träger-gestützten) Luftstreitkräften der USA sowie Chinas über dem Südchinesischen Meer ergab gar einen Sieg der Chinesen: Die hatten gewaltige Verluste, aber am Ende gingen den Amerikanern die Raketen aus – und dann ihre Jets.

Eine indonesische Suchoi SU-30MK zeigt ihre gewaltige externe Waffenlast.
Eine indonesische Suchoi SU-30MK zeigt ihre gewaltige externe Waffenlast.(c) Georg Mader

Jüngst allerdings stießen Luftfahrtexperten eher zufällig auf ein neues Waffensystem, das sich als „Game Changer“ erweisen könnte: Bei einer Luftfahrtausstellung im US-Staat Maryland konnte man in die geöffneten Waffenschächte einer F-35 sehen – und dort einige ungewöhnlich kleine Luft-Luft-Raketen entdecken: Sie waren mit 1,8 Meter nur etwa halb so lang wie eine AMRAAM und auch etwas schlanker. Auf Nachfrage blieb der Hersteller Lockheed Martin bisher wortkarg; man erfuhr aber, dass das Projekt „Cuda“ heiße und die Rakete nur etwa 40 Prozent des Volumens und mit etwa 70 Kilogramm nur gut 45 Prozent der Masse einer AMRAAM haben soll.
Die entscheidende Folge: Damit ließe sich die interne Waffenlast der von vielen als „brustschwach“ verschrienen neuen US-Jets verdoppeln bis verdreifachen: In eine Raptor könnten dann statt sechs bis acht gleich 14 Luft-Luft-Raketen passen, in eine F-35 gleich zwölf statt nur vier; „russisches Salvenfeuer“ wäre möglich und der Kampfwert der Jets gegen Feindmassen multipliziert.

Die Cuda-Rakete (o.) und unten im Größenvergleich mit einer herkömmlichen
Die Cuda-Rakete (o.) und unten im Größenvergleich mit einer herkömmlichen "AMRAAM"-Rakete.(c) Lockheed Martin

Unbekannt ist allerdings bisher die Reichweite, wenngleich Beobachter von mehr als 50 Kilometer ausgehen und einen besonders starken Antrieb zu erkennen glauben. Dafür ist bekannt, dass die „Cuda“, die bisher vom US-Militär noch nicht offiziell als Projekt übernommen worden ist, keinen herkömmlichen Sprenggefechtskopf mit Annäherungszünder haben soll sondern einen rein kinetisch wirkenden „Eisenkopf“. Sprich: Die Rakete soll ihr Ziel schlicht durch Kollision zerstören, was eine sehr hochentwickelte Steuerung voraussetzen wird.

Von der F-22 existieren nur etwa 195 Stück, von der F-35, deren Bauprogramm seit Jahren stockt, fliegen in den USA jetzt etwa 90 Stück. Ob die USA wie geplant 2443 „Lightning II“ erwerben ist angesichts der Finanzkrise unklar. Auch acht andere Staaten waren bzw. sind am F-35-Programm beteiligt, etwa Großbritannien, Italien, Australien und die Niederlande. Allerdings wackeln auch bei diesen aufgrund der explodierenden Kosten (mehr als 140 Millionen Dollar pro Stück) die Bestellungen, Kanada stornierte jüngst den Auftrag über 65 Maschinen.

"Die US-Superkrieger werden zu wenige sein und sterben"

Mit der Kampfwertsteigerung durch „Cuda“ könnte Testpilot Wlassow widerlegt werden, der angesichts der schwachen US-Jet-Bewaffnung auch gesagt hatte: „Die US-Superkrieger werden überwältigt werden, sie werden zu wenige sein. Und sterben. Sie werden zuvor viele Chinesen oder Russen oder Afrikaner abschießen. Aber das macht denen und uns nix. Euch aber schon...“

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