Syrien: Mehr als 60 zivile Opfer nach Luftangriff

Syrien Islamisten bedrohen Christen
Syrien Islamisten bedrohen ChristenReuters
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Nach einem Luftangriff auf die Stadt Halfaya in der Provinz Hama sollen bis zu 60 Zivilisten getötet worden sein. 50 Menschen schweben in Lebensgefahr.

Nach Angaben von Oppositionsaktivisten sollen am Sonntag bei einem Luftangriff auf die Stadt Halfaya in Syrien bis zu 60 Zivilisten getötet worden sein, das berichtet die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London. Die Totenzahl könne aber weiter steigen, da es mindestens 50 Verletzte in kritischem Zustand gebe.

Die Menschen sollen vor einer Bäckerei Schlange gestanden haben. "Wir haben noch keine genauen Zahlen, weil wir noch immer nicht genau wissen, wer tot und wer verwundet ist", sagte ein Aktivist der Nachrichtenagentur Reuters. Demnach könnten bis zu Tausend Menschen vor der Bäckerei gewartet haben.

Die Stadt in der Provinz Hama wurde vor Kurzem von Rebellenkämpfern eingenommen. Wegen der Belagerung durch die Armee herrsche in dem Ort Lebensmittelknappheit, teilten die oppositionellen Lokalen Koordinierungskomitees in einer Erklärung mit. Sie sprachen von einem "Massaker". Unter den Todesopfern in Halfaya seien Frauen und Kinder, auch gebe es viele Verletzte.

Warnvideo an Christen

Aus der Unruheprovinz meldete sich am Sonntag auch eine Rebellengruppe zu Wort und drohte zwei christlichen Ortschaften in der Region. In der Videobotschaft waren sieben bewaffnete Männer zu sehen, die schwarze Stirnbänder mit dem islamischen Glaubensbekenntnis trugen. Aus deren Mitte verlas ein bärtiger Mann eine Warnung an die Christen. Sollten sie Assad-Kämpfer nicht ausliefern, würden sie angegriffen, betonte er. Die Organisation für Islamische Kooperation verurteilte die Drohungen umgehend.

Bildung einer Islamistenfront

In einem anderen Video verkündeten radikale Islamisten derweil die Bildung einer Islamistenfront nach einem Sturz von Präsident Bashar al-Assad. Ihr Ziel sei eine islamische Gesellschaft, die nach den Regeln der Scharia regiert werde, nach islamischem Recht.

Die im November von zahlreichen Oppositionsgruppen gegründete "Nationale Koalition" erkennen sie - anders als die internationale Staatengemeinschaft - nicht als legitime Vertreterin des syrischen Volkes an. Im Syrienkonflikt gewinnen zunehmend auch Jihadisten an Einfluss. So hat sich im Norden des Landes wie auch im Großraum Damaskus die islamistische Al-Nusra-Front breitgemacht, die von der US-Regierung jüngst zur Terrororganisation erklärt wurde.

Eliteeinheiten schützen Waffenlager

Russland betonte derweil, dass die syrische Regierung die Kontrolle über die Chemiewaffen im Land habe. "Die syrischen Behörden haben diese Vorräte in ein oder zwei Zentren konzentriert. Vorher waren sie über das ganze Land verteilt", sagte Außenminister Sergej Lawrow am Samstag der Agentur Interfax zufolge. Die Führung tue alles, um die Waffen zu sichern. Auch die USA hätten zugestanden, dass Chemiewaffen in Händen der Regierungsgegner die größte Gefahr in Syrien seien, sagte Lawrow. Russland ist ein Partner Assads.

Das deutsche Nachrichtenmagazin "Focus" berichtete unter Berufung auf NATO-Kreise, französische und US-Eliteeinheiten bereiteten sich an der jordanisch-syrischen Grenze auf Kommandoeinsätze in Syrien vor. Die Soldaten sollen bei einem Zusammenbruch der Regierung Chemiewaffenlager vor Plünderungen durch islamistische Aufständische schützen.

Neue Vermittlungsversuche

Am Sonntag traf der internationale Syrien-Gesandte Lakhdar Brahimi in Damaskus ein, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Bisherige Vermittlungsversuche des UN-Diplomaten waren gescheitert.

Israel richtet sich indes nach den Worten des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu auf "weitreichende Veränderungen" im syrischen Nachbarland ein. "Wir beobachten die Entwicklungen in Syrien und arbeiten mit den USA und der internationalen Gemeinschaft zusammen", sagte der Regierungschef am Sonntag in Jerusalem.

Zahlen und Fakten

Dem seit März 2011 andauernden Konflikt sind inzwischen mehr als 42.000 Menschen zum Opfer gefallen. Mehr als zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht. Ein Schlechtwettereinbruch im Nahen Osten verschlechtert die Lage der syrischen Flüchtlinge weiter. Nach Schätzungen des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) sind zur Zeit etwa 500.000 Syrer ins benachbarte Ausland geflohen. Im Land selbst seien 1,2 Millionen Menschen auf der Flucht.

(APA/dpa/AFP)

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