In Venezuela dürfte sich die Ära Hugo Chávez tatsächlich ihrem Ende zuneigen: Der krebskranke linkspopulistische Langzeitherrscher übertrug einzelne Machtbefugnisse an Vizepräsident Vize Maduro.
Caracas/Ag. In Venezuela dürfte sich die Ära Hugo Chávez tatsächlich ihrem Ende zuneigen: Der linkspopulistische Langzeitherrscher, der wegen einer Krebserkrankung im Unterleib zuletzt im Dezember von Spezialisten auf Kuba operiert worden war, hat, wie erst jetzt bekannt wurde, schon vor Wochen einzelne Kompetenzen an Vizepräsident Nicolás Maduro abgetreten. Maduro (50) kann künftig unter anderem Vizeminister ernennen, die Ausgaben der Ministerien bewilligen und Enteignungen anordnen.
Die Übertragung der Kompetenzen geschah Anfang Dezember, wurde aber erst durch ihre Publizierung im Gesetzblatt bekannt. Der 58-Jährige hatte sein Amt am 9.Dezember vorübergehend an Maduro abgetreten. Zwei Tage später wurde er auf Kuba zum vierten Mal in eineinhalb Jahren wegen einer Krebserkrankung operiert, über deren genaue Art die Ärzte schweigen. Es gibt massive Gerüchte, wonach der Krebs metastasiert habe und kaum noch zurückzudrängen sei.
Ob der erst im Oktober wiedergewählte Chávez, der für seine marxistisch und antiwestlich verwurzelte bolivische Volksideologie bekannt wurde und mehrere lateinamerikanische Führer (etwa in Ecuador und Bolivien) als Alliierte hat, wie geplant am 10.Jänner eine neue sechsjährige Amtszeit antreten kann, ist fraglich. Sollte er dauerhaft verhindert sein, die Präsidentschaft auszuüben, müssten Wahlen ausgerufen werden.
„Opposition sät Gewalt“
Maduro, der zugleich Außenminister ist, räumte ein, dass Chávez' Zustand „kompliziert“ sei. Er wies aber Kritik der Opposition an der angeblich widersprüchlichen Informationspolitik der Regierung zurück. Die Opposition verlangt, dass eine unabhängige Ärztekommission den Gesundheitszustand des Präsidenten überprüfe. „Sie sind erbärmlich, ihre Seele ist verdorben“, sagte darauf Maduro, der freilich als gemäßigter Bolivarianer gilt. „Wir dürfen uns nicht vergiften lassen.“ Die Opposition versuche, Gewalt im Land zu säen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2012)