Zentralafrika: Teure, funkelnde, gefährliche Steine

(c) EPA (Andy Rain)
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Im Mittelpunkt aller Konflikte innerhalb der Zentralafrikanischen Republik standen immer (Blut-)Diamanten – von denen es dort mehr als anderswo gibt. Beim neuen Bürgerkrieg ist es nicht anders.

Wien. Die Geschichte der Zentralafrikanischen Republik ist auch eine Geschichte über Diamanten – von denen es dort mehr als anderswo gibt. Und solange der aufgeflammte Bürgerkrieg nicht beendet ist, wird es in den Medien viele Berichte mit folgender Aussage geben: Die „internationalen Großkonzerne“ und die „ehemaligen Kolonialmächte“ seien schuld. Diese Aussagen stimmen freilich teilweise – sind aber eben auch stark verkürzt.

Das Land ist – wie viele in Afrika – reich an Bodenschätzen. Aber nach der Unabhängigkeit des Binnenstaats von Frankreich 1960 hat eine Reihe unfähiger und brutaler Despoten das Land verschuldet und herabgewirtschaftet – und der leidenden Bevölkerung jede Chance auf wirtschaftlichen Aufstieg genommen. Dass die Diamantenindustrie des Landes heute am Boden liegt, ist vor allem dem herrschenden Machthaber François Bozizé zu verdanken. Seit dessen Amtsantritt 2003 haben fast alle internationalen Minenunternehmen das Land verlassen.

Und auch sonst hat Bozizé zielsicher alles unternommen, um die Diamantenindustrie des Landes zu kontrollieren und damit zu zerstören. Er hat, so berichtet die International Crisis Group in einem Report namens „Gefährliche Steine“ aus dem Jahr 2010, eine der höchsten Exportsteuern der Region (zwölf Prozent) verhängt, was den illegalen Schmuggel von Diamanten umso erträglicher macht – und so den Staat eher mehr Geld kostet, als sie einbringt. Dazu kommt ein durch und durch korruptes Staatswesen. Der Bürgerkrieg wird zwar zwischen ethnischen Gruppen gefochten – im Kern geht es aber um die Kontrolle über die Diamantenvorkommen.

100.000 Kleinschürfer

Es gibt viel zu holen: Die großen Vorkommen des Binnenstaates liegen heute praktisch brach, weil die protektionistische Wirtschaftspolitik von Bozizé und seinen Vorgängern den Abbau der Ressource fast zum Stillstand gebracht hat. Nach dem Abzug der internationalen Konzerne sind auch die Investments in Minen zusammengebrochen, viele Minenarbeiter verloren ihren Job. Es ist anzunehmen, dass sie heute unter den geschätzten 80.000 bis 100.000 Kleinschürfern sind, die das Land nach Diamanten absuchen. Der mit Abstand größte Wirtschaftszweig bleibt die Landwirtschaft – nicht der Bergbau. Auch weil illegal abgebaute und geschmuggelte Diamanten in keiner BIP-Statistik auftauchen.

Bozizés Gegner, die Rebellen, finanzieren sich freilich auch über illegal abgebaute Diamanten – sogenannte Blutdiamanten oder Konfliktdiamanten. Steigende Preise, monetäre Unsicherheit im Westen und eine wachsende Mittelklasse in Asien tun ihr Übriges: Sie sorgen für Nachfrage. Und während im Westen gerade Diamanten aus Konfliktregionen zunehmend geächtet werden, ist den Käufern in China die Herkunft der funkelnden Steine eher egal.



Nicht ohne Grund haben die Rebellen als Erstes die Städte Ndélé und Bria unter ihre Kontrolle gebracht. Beide Städte sind Zentren des (illegalen) Diamantenhandels. Trotz breiter Kampagnen seit den Neunzigerjahren ist es für Käufer im Westen zudem bis heute schwierig, die Herkunft von Diamanten zu ermitteln. Im „Kimberley-Prozess“ haben sich seit 2003 zwar rund 50 Staaten, wichtige Konzerne und NGOs organisiert, um den Handel mit Blutdiamanten langfristig zu unterbinden. Bisher aber mit eher mäßigem Erfolg – wie nicht zuletzt die Situation in der Zentralafrikanischen Republik zeigt.

Kaum Hoffnung auf Reformen

Der gesamte Minensektor müsse reformiert und aus den Händen des Präsidenten genommen werden, schreibt die International Crisis Group. Die Exportsteuern sollten an das Mittelmaß der Region angepasst werden, um Schmuggel zu reduzieren. Die korrupte Minenpolizei müsse aufgelöst und durch eine neue Einheit ersetzt werden. Von Präsident Bozizé sind derartige Reformen aber nicht mehr zu erwarten. Aber von den Rebellen genauso wenig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2012)

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