Erste Bewährungsprobe für Hollandes Afrika-Doktrin

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Paris verweigert vorerst militärische Hilfe.

Wien/Bangui/Dab. Aufgrund der prekären Sicherheitslage in der Republik Zentralafrika haben die USA am Freitag ihre Botschaft in der Hauptstadt Bangui evakuiert. Die militärischen Erfolge der Rebellen lassen aber auch die Furcht vor einer humanitären Krise wachsen: Tausende Zivilsten sind bereits in die Wälder geflohen, andere stocken ihre Lebensmittelreserven für den Notfall auf.

Für die frühere Kolonialmacht Frankreich stellt der Konflikt eine ernste Bewährungsprobe dar. Die neue französische Regierung unter Präsident François Hollande will sich nämlich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten ehemaliger Kolonien einmischen. „Diese Zeiten sind vorbei“, verkündete Hollande am Donnerstag. Die zentralafrikanische Regierung will Frankreichs neue Afrika-Doktrin aber nicht akzeptieren: Sie fordert von Paris militärische Hilfe bei der Niederschlagung der Rebellion. Am Mittwoch ist es bereits zu gewaltsamen Protesten vor der französischen Botschaft in Bangui gekommen. Dennoch will Hollande die 250 im Land stationierten Soldaten weiterhin nur zum Schutz der französischen Staatsbürger und Einrichtungen verwenden.

Seit Putsch 2003 an der Macht

In nur zwei Wochen ist es den Aufständischen gelungen, einen großen Teil im Norden des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen. Präsident François Bozizé, der seit seinem Putsch 2003 mehrere umstrittene Wahlen gewonnen hat, droht nun von den Rebellen von der Macht verdrängt zu werden.

Es wäre nicht der erste Vorfall dieser Art: Denn die Republik Zentralafrika ist seit ihrer Unabhängigkeit von Frankreich 1960 ein instabiles Land. Es hat bereits mehrere Staatsstreiche und Rebellionen erlebt und zählt zu den unterentwickeltsten Staaten der Welt. Bewaffnete Gruppen sind seit jeher im Norden aktiv, die zahlreichen Konflikte haben die Republik mit Waffen überschwemmt. Zehntausende Menschen wurden vertrieben und flohen in den Tschad.

Die Armee kann den Rebellen meist nur wenig entgegensetzen: Sie ist unterfinanziert, und den Soldaten mangelt es an Ausrüstung und Motivation.

Streit um Friedensabkommen

Die Rebellen, die sich „Seleka“ („Allianz“) nennen, nützen diese Unsicherheiten und Schwächen aus. Sie bestehen aus drei früheren Rebellenarmeen, auch einige Armeedeserteure sind unter ihnen. Die Aufständischen werfen Präsident Bozizé vor, sich nicht an ein 2007 vereinbartes Friedensabkommen zu halten. Dieses sieht unter anderem die Freilassung von politischen Gefangenen und die Bezahlung von demobilisierten Rebellen vor. Und ausgerechnet die jetzigen Aufständischen sollten ursprünglich Teil der regulären Armee werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2012)

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