Auch nach der Wahl im Herbst ist eine Große Koalition am wahrscheinlichsten - mangels Alternativen.
Wien. Während die Große Koalition in Deutschland noch nicht zur Routine gehört, ist sie in Österreich biederer Alltag. Auch nach der heurigen Nationalratswahl wird das wohl nicht anders sein. Es sei denn, Rot und Schwarz zerbröselt es derart, dass die beiden Parteien zusammen keine Mehrheit mehr finden. Das ist wegen der schlechten Umfragewerte der Regierung und im Lichte der Kandidatur von Frank Stronach zwar wahrscheinlicher, aber noch lange nicht gewiss.
War die Große Koalition, die auf der Versöhnung der einst verfeindeten roten und schwarzen Lager beruhte, nach 1945 noch ein bemerkenswerter Fortschritt, so änderte sich diese Sicht im Laufe der Jahrzehnte. Heute gibt es die oft zerstrittene Große Koalition in Wahrheit nur mehr, weil Alternativen fehlen. Die SPÖ hat sich mit der Festlegung, nicht mit der Strache-FPÖ zu koalieren, eingebunkert. Ihr bleibt nur der Traum von Rot-Grün, doch hier ist eine Mehrheit nicht in Sicht. Die insgeheime SPÖ-Option einer rot-grün-orangen Regierung muss wegen des Überlebenskampfs des BZÖ wohl ebenfalls eingemottet werden.
Die ÖVP gibt sich bei der Wahl des Koalitionspartners zwar flexibler, aber auch ihr sind die Hände gebunden. Schwarz-Blau dürfte die Mehrheit verfehlen, zumal Stronach mit seiner populistischen Linie der FPÖ schaden dürfte. Schwarz-Blau-Orange wird sich kaum ausgehen. Schwarz-Blau-Grün ist nur eine rechnerische Option, da Grün und Blau gar nicht miteinander können.
Und eine Dreierkoalition mit Stronach? Die wäre höchst fragil, nachdem Frank Stronach deutlich macht, kein Mann für Kompromisse zu sein. Es bleibt somit über: die Große Koalition.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2013)