Hollande kämpft an vielen Fronten

Hollande kaempft vielen Fronten
Hollande kaempft vielen Fronten(c) REUTERS (PHILIPPE WOJAZER)
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Präsident François Hollande türmt Konjunkturpakete, Finanzhilfen und Steuerideen aufeinander. Erfolglos. Das Land droht unter Arbeitslosigkeit und Staatsschulden zu ersticken.

Paris/Wien/Red. Die französische Regierung will dem Abstieg des Landes mit einem weiteren Konjunkturpaket entgegensteuern. Haushaltsminister Jérôme Cahuzac kündigte am Sonntag im Radio ein Zwei-Milliarden-Euro-Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen an. Das Geld solle aus anderen Haushaltsposten abgezogen werden – für das Paket sollen also weder Staatsschulden noch Steuern erhöht werden.

Die Arbeitslosigkeit in Frankreich ist derzeit so hoch wie seit 15Jahren nicht. Vor allem der Verlust von Industriearbeitsplätzen macht dem Land zu schaffen. Der sozialistische Präsident François Hollande hat für dieses Jahr die Wende versprochen. Drei Viertel der Franzosen trauen Umfragen zufolge ihrem Präsidenten jedoch nicht mehr zu, das Problem zu lösen.

Der kämpft inzwischen an allen Fronten, um das Land vor einem weiteren Abdriften in die Krise zu bewahren – und schreckt dabei auch nicht vor Mikromanagement zurück. So hat Hollande persönlich Finanzhilfen für die Raffinerie der insolventen Schweizer Petroplus in der Normandie in Aussicht gestellt, eine Übernahme durch den Staat aber abgelehnt. Es sei schwer, einen Käufer zu finden, sagte Hollande am Samstag nach einem Treffen mit Gewerkschaftern. In der Raffinerie Petit-Couronne sind 500 Arbeitsplätze in Gefahr. Eine Erfolgsmeldung kam zuletzt aus Straßburg: Das dortige Werk von General Motors soll durch den belgischen Investor PMI (für einen symbolischen Euro) übernommen werden. Rund 1000 Arbeitsplätze sind so – zumindest vorübergehend – gesichert.

Hollandes Lieblingsprojekt, die 75-prozentige Einkommensteuer für Gutverdiener, ist zuletzt vom Verfassungsrat abgeschmettert worden. Noch will der Präsident den Klassenkampf aber nicht aufgeben. Aus Publicity-Gründen, wie es scheint: Denn nicht einmal Hollande selbst hat je daran geglaubt, dass die extrem hohe Besteuerung sehr guter Einkommen den Staatshaushalt nachhaltig aufpeppen kann – betonte er doch mehrmals, dass es ihm primär um Steuergerechtigkeit gehe.

"Kriegserklärung" an die Schweiz

Und auch die neueste steuerrechtliche Maßnahme Frankreichs dürfte ähnlich erfolglos bleiben. Die Idee: In der Schweiz lebende Franzosen sollen künftig auch in ihrem Heimatland Steuern zahlen. Die bisher geltende vorteilhafte Regelung, wonach die Betroffenen als steuerpflichtig nur in der Schweiz galten, sei zum 1. Jänner 2013 abgeschafft worden, berichtete die Schweizer Tageszeitung „Le Temps“. Ein Schweizer Finanzbeamter sprach am Sonntag von einer „Kriegserklärung“ Frankreichs.

Bisher konnten in der Schweiz lebende Franzosen, die in Frankreich arbeiten oder anderweitige Einnahmen haben, die Besteuerung durch ihr Heimatland umgehen. Wenn sie eine pauschale Abgabe an die Schweizer Finanzbehörden zahlten, galten sie steuerrechtlich als Bewohner der Schweiz und mussten in Frankreich keine Steuern zahlen.

Ende 2010 lebten 2000 französische Multimillionäre in der Schweiz. Wie knapp 3500 weitere ausländische Wohlhabende profitierten sie von der dort relativ geringen Abgabenbelastung. Der Steueranwalt Philippe Kenel sagte „Le Temps“, wenn Frankreich die Regeln für diese Reichen wirklich ändere, würden sie voraussichtlich alle Verbindungen in ihr Heimatland kappen und komplett im Nachbarland leben. Die Behörden würden das Gegenteil von dem erreichen, was sie eigentlich wollten.

Auf einen Blick

In Frankreich herrscht die höchste Arbeitslosigkeit seit 15 Jahren. Vor allem der bröckelnde Industriesektor macht der Regierung Sorgen. Am Wochenende kündigte Paris ein neues Konjunkturpaket in der Höhe von zwei Milliarden Euro an. Das Geld soll aus anderen Budgetposten abgezogen werden. Zudem sollen Franzosen, die in der Schweiz leben, künftig auch in der Heimat Steuern zahlen müssen. Das betrifft 2000 Millionäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2013)

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