Öcalan: Vom "Babymörder" zum "wichtigen Akteur"

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Der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan will mit PKK-Chef Abdullah Öcalan das Kurdenproblem lösen, um damit bei den Wahlen zu punkten. Erdoğan strebt im kommenden Jahr das Amt des Staatspräsidenten an.

Istanbul. Seit fast drei Jahrzehnten leidet die Türkei unter dem Kurdenkonflikt: Mehrere zehntausend Menschen wurden in dieser Zeit getötet, Millionen wurden zu Flüchtlingen. Das verarmte Kurdengebiet verlor wirtschaftlich und sozial den Anschluss an den Rest des Landes. Nun aber hätten Türken wie auch Kurden die Gewalt satt, sagt der Istanbuler Politikwissenschaftler Sahin Alpay zur „Presse“. Dass Ankara nun direkt mit PKK-Chef Abdullah Öcalan über eine Friedenslösung verhandelt, zeigt nach Ansicht Alpays, dass die türkische Regierung entschlossen ist, die Kurdenfrage zu lösen.

Vergangene Woche ist von Ankara bestätigt worden, dass der türkische Geheimdienst neue Gespräche mit Öcalan über ein Ende des Kurdenkonflikts gestartet hat. Der Chef der Untergrundorganisation PKK ist auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftiert. Ankara genehmigte zudem erstmals den Besuch von Kurdenpolitikern bei Öcalan. Ein Berater von Premier Recep Tayyip Erdoğan nannte Öcalan den „wichtigsten Akteur“ bei der Friedenssuche – Öcalan, der einst von türkischen Medien „Babymörder“ genannt wurde.

Erdoğan will Präsident werden

„Erdoğan will ein Ende des Konflikts erreichen, weil er drei Wahlen vor sich hat“, sagt Politikwissenschaftler Alpay. 2014 und 2015 stehen in der Türkei Kommunal-, Parlaments- und Präsidentenwahlen an. Für sich selbst strebt Erdoğan im kommenden Jahr das Amt des Staatspräsidenten an.

Vor einigen Jahren hat Erdoğans Regierung schon einmal den Kontakt zur PKK gesucht. Damals trafen sich Geheimdienstler mehrmals mit Abgesandten der Rebellen in Oslo, doch die Verhandlungen wurden 2011 ergebnislos abgebrochen. Nun könnten sie wieder aufgenommen werden, sagte Erdoğan am Wochenende.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2013)

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